X. Die Gegenwart. 129
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gewetteifert, und die verschiedensten Materialien haben in den Dienst
des Menschen treten müssen, um das Haus wohnlich und behaglich zu
gestalten. Ein Haus ist jetzt aber auch ein wertvoller Besitz, dessen
Verlust nicht leicht zu ersetzen ist. Rafft aber eine Feuersbrunst schnell
dahin, was Menschenhand langsam und mühevoll errichtet hat, so
tritt die Gemeinschaft helfend und rettend für ihn ein. Die Feuer-
wehr eilt mit ihren Löschgeräten herbei, um zu retten, was ch irgend
retten läßt. Wenn aber auch alles den Flammen zum Raube fällt,
ein Trost bleibt dem Verunglückten: er braucht den unverschuldeten
Verlust nicht allein zu tragen; tausend Hände bieten sich helfend dar,
ihm ein neues Heim zu gründen. Schon lange vorher hat er als
vorsichtiger Hausvater Hab und Gut bei der Brandkasse versichert,
damit ihm im Unglücksfalle das Verlorene ersetzt werden kann. — Wie
das Haus, so kann auch die Ernte und der Viehbestand gegen Hagel-
schlag und Seuche verfichert werden, damit unerwartete Ereignisse den
Besitzer nicht plötzlich an den Bettelstab bringen.
2. Jedes Wohnhaus wird von einer oder mehreren Familien be-
wohnt. Die Familie bildet die Grundlage des Staates, deshalb hat
auch der Staat Rechte und Pflichten derselben durch Gesetze und Ver-
ordnungen bis ins kleinste geregelt. Das Standesamt fordert inner-
halb einer Woche Anzeige von der Geburt des neuen Erdenbürgers,
um ihn in die amtlichen Register einzutragen. Dann erfolgt in den
ersten Lebenswochen durch die Taufe, bei den Juden durch die Be-
schneidung, die Aufnahme in die Religionsgemeinschaft. Innerhalb
der ersten Jahre muß das Kind zum Schutze gegen die Pockenkrank-
heit zur ersten Impfung vorgestellt werden; im zwölften Lebensjahre
muß es sich einer zweiten unterziehen. Mit dem erlangten sechsten
Lebensjahre tritt das Kind in die Schule ein und muß dieselbe bis zum
zurückgelegten dreizehnten oder vierzehnten besuchen. Hat der Bursche
das zwanzigste Lebensjahr erreicht, so ist er militärpflichtig geworden.
Als Mann kehrt er in das Elternhaus zurück, um früher oder spät##
einen eigenen Herd zu gründen; in der Regel geschieht es gegen das
dreißigste Lebensjahr. Die rechtsgültige Ehe muß durch das Standes-
amt geschlossen werden und wird in der Kirche eingesegnet. Je
tüchtiger Mann und Frau sind, desto wohler ergeht es der Familie.
Hindern aber Krankheit oder Tod den Familienvater daran, für die
Seinen zu sorgen, so treten die freiwillige Vereinigung in der Lebens-
versicherung, sowie die stantliche Fürsorge durch das Krankenkassengesetz,
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die Unfallversicherung, Alters= und Invaliditätsversicherung helfend ein,
129. Die Gemeinde.
I1. Jedes Dorf und jede Stadt bildet eine Gemeinde, die ihr
Oberhaupt und ihre Glieder hat, und deren Leben durch mancherlei
Gesetze und Ordnungen geregelt wird. Wie in der Familie der Haus-
vater, so ist in Stadt und Dorf der Börgermeister das Oberhaupt.
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