I. Die Zeit des Heidentums. 9
treiben die Fliehenden zurück in die Schlacht und pflegen die Ver-
wundeten. Ist der Sieg errungen, so teilen die Sieger Beute und
Gefangene und zichen zu Zius Altar, ihm die schuldigen Opfer zu
bringen. » «
4. Außer dem Heerbanne gab es noch eine freiwillige Waffen-
freundschaft, die man das Gefolge nannte. Kriegslustige Jünglinge
sammelten sich um einen bewährten, hochgeachteten Anführer und
schwuren, vereint mit ihm zu leben und zu sterben. Dem Anführer
war es ein hoher Ruhm, durch Zahl und Tapferkeit seiner Genossen
glänzen zu können. Wenn der eigene Volkoftamm in Frieden saß, so
zogen die Waffenfreunde zu den Völkerschaften, die sich im Kriege be-
fanden; denn träge Ruhe war ihnen verhaßt.
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8. Der Freiheitskampf gegen die Römer.
9 u. Chr.
1. Zur Zeit Jesu Christi sandte der römische Kaiser Augustus
seine Heere aus, um die deutschen Völkerschaften zu Knechten zu machen.
Die Römer siedelten sich in der Gegend des Rheins und der Donau
an und sicherten das eroberte Land durch feste Plätze. Von hier aus
drangen sie daun weiter vor, überschritten die Weser und erreichten
schließlich die Elbe. Sie naunten unser Volk Germanen. Durch List
gelang es dem römischen Feldherrn, mehrere deutsche Gefolgschaften zu
Bundesgenossen zu machen und germanische Jünglinge zum Kriegs-
dienste zu gewinnen. Der Kaiser Augustus sandte den Varus als
Statthalter ins Land. Varus richtete im Cheruskerlande ein stehen-
des Lager ein. Dorthin sollten die freien Germanen kommen, Abgaben
entrichten und sich von römischen Richtern nach römischem Rechte in
lateinischer Sprache richten lassen.
2. Der tapfere Armin, ein Fürst der Cherusker, fand Mittel und
Wege zur Freiheit. Gleich andern germanischen Edelingen hatte er
im rômischen Dienste die Kriegskunst erlernt und römisches Bürger-
recht und römische Ritterwürde erhalten. Sein glühendster Wunsch
war die Befreiung des Vaterlandes. In der Stille stiftete Armin
einen Bund mit den benachbarten Stämmen. Varus wurde mit seinem
Heere in das unwegsame Waldgebirge am linken Weserufer gelockt.
Heftiger Regen machte den Boden schlüpfrig. Ein wilder Sturm
wirbelte trockene Baumäste zwischen die römischen Truppen. Da
brachen auf einmal germanische Heerhaufen von allen Seiten aus dem
Waldesdickichte hervor. Die römischen Legionen konnten nicht wider-
stehen. Varus sah den Untergang vor Augen und stürzte sich in sein
Schwert, um die Schmach nicht zu überleben. Das ganze stattliche
Heer ging elend zu Grunde. Die Leichen der Erschlagenen blieben
unbestattet liegen — den Vögeln und Wölfen zum Fraße. Wer von
den Römern nicht umkam, wurde gefangen genommen. Viele Kriegs-
gefangene wurden den Göttern geopfert; andere fristeten Jahre lang