E I. Die Zeit des Heidentums.
der noch heute währt, war in ihrem Gefolge; denn der Roggen, unsere
wichtigste Körnerfrucht, wächst erst seit jener Zeit auf unsern Feldern,
und das Bewußtsein der Zusammengehörigkeit aller Völker deutschen
Stammes ist erst durch die gemeinsame Not zu größerer Stärke erwachr.
12. Die Bayern.
1. Während der Völkerwanderung hatten die Hunnen unter ihrem
gewaltigen König Attila im Donaugebiete neben den römischen Pro-
vinzen ein großes Reich gegründet. Dieses Reich bestand aber nur
kurze Zeit, und mit ihm schwand auch die Römerherrschaft aus den
oberen Donauländern. Die Germanen drangen von Norden her immer
weiter vor und überschwemmten die römischen Provinzen. Die römischen
Heerführer vermochten kaum noch einige feste Plätze zu halten; nach
und nach zogen sie sich ganz zurück. Die Anlagen der Römer wurden
zerstört und die Städte verwüstet; Not und Elend, Hunger und Seuchen
herrschten allenthalben. In dieser traurigen Zeit wirkte der hl. Severin
als Wohlthäter in jenen Gegenden.
2. Um das Jahr 500 ergriff ein kräftiger Volksstamm von den
ehemals römischen Landstrichen dauernd Besitz. Da derselbe von Böhmen
(Bain, Baias) her kam, so erhielter den Namen Baiuwarii (Bayern).
Die Bayern zogen die Donau herauf und ließen sich zuerst in Noricum
und im östlichen Rätien nieder. Sie fanden das Land fast herrenlos
vor; die vielen Kriege und Krankheiten hatten es entvölkert. Die
wenigen Bewohner, die noch da waren, wurden kributpflichtig gemacht.
Das übrige Land kam zur Verteilung unter die Stammesgenossen,
und bald zog der Pflug wieder seine Furchen durch das verwilderte
Land. Zugvieh und Herden fanden wieder reichlich Nahrung; das
Getreide gedieh; die Bienc trug den Honig ein; Bäche, Flüsse und
Seen lieferten zahlreiche Fische, die Wälder viele jagdbaren Tiere zur
Nahrung, und die Erde gab Eisen, Gold, Silber und. Salz ans ihrem
Schoße. ·
3. Das Oberhaupt der Bayern war der Herzog. Als erster wird
uns Garibald aus dem Geschlechte der Agilolfinger genannt; er resi-
dierte in Regensburg. Dorthin wurde auch die Volksversammlung
berufen, aber nur der Freie durfte daran teilnehmen. Im Frieden
war der Herzog oberster Richter und im Kriege oberster Auführer.
Das Land zerfiel in Gauc, an deren Spitze Grafen standen, und die
Gaue in Hundertschaften und Gemeinden; diese wurden von Zentgrafen
beaufsichtigt.