22 II. Die Zeit des Kampfes zwischen Heidentum und Christentum.
–—
ließ sich Karl die Rechnungen vorlegen, in denen alles bis auf die
Anzahl der Eier eingetragen sein mußte. Dann überzählte er Ein-
nahme und Auzsgabe, rechnete seinen Verwaltern nach und machte
Bauanschläge, als wäre er nichts als ein Landmann. Seine Zeit-
genossen nannten ihn den Großen. «
3. Den Gipfel menschlicher oße erstieg Karl der Große im
Jahre 800. Als er am Weihnachtsfeste in der Peterskirche zu Rom
betend vor dem Altare kniete, setzte ihm der Papst die Krone auf, die
einst Kaiser Augustus getragen hatte, und begrüßte ihn als römischen
Kaiser und Herrn aller Christenheit. Alles Volk aber rief; „Leben und
Sieg dem von Gott gekrönten, frommen, großen und friedebringenden
Kasfer von Rom!"“ Karl nannte sich von nun an Kaiser von Gottes
Gnaden und achtete sich für einen Schirmherrn der Kirche.
22. Karl erweitert das Frankenreich.
1. Karl der Große hatte die Absicht, alle Völker Westeuropas zu
einem christlichen Reiche zu vereinigen. Daher begann er bald nach
seinem Regierungsantritte den Krieg gegen das alte, mächtige Sachsen-
volk und führte ihn mehr als dreißig Jahre fort. Im Jahre 777
hielt er im westlichen Sachsenlande, zu Paderborn, eine große Reichs-
versammlung, bei der viele sächsische Edelinge dem Könige huldigten
und sich taufen ließen.
2. Kaum hatte Karl dem Sachsenlande den Rücken gekehrt,
so waren auch Huldigung und Taufe vergessen. Die Sachsen teilten
sich nach ihren Wohnsitzen in Westfalen, Engern und Östfalen. Unter
Führung des Herzogs Widukind sammelten sich die Westfalen, zer-
störten Kirchen und Burgen und ermordeten fränkische Priester und
Krieger. Karl eilte herbei, schlug die Westfalen und verfolgte den
fliehenden Widukind bis über die Weser, unterwarf die Ostfalen aufs
neue und blieb zwei Jahre in ihrem Lande. In dieser Zeit gab er
dem Lande die fränkische Gauverfassung. Die alten sächsischen Volks-
rechte wurden darin nicht geachtet; fränkische Priester zerstörten nun
die Heiligtümer des Sachsenvolkes und untergruben den Glauben seiner
Väter. Da erwachte der Groll von neuem, und als das unterworfene
Volk in den fränkischen Heerbann eingereiht wurde und mit gegen die
Wenden ziehen sollte, empörte es sich, überfiel ein fränkisches Heer am Süntel
und vernichtete es samt den Anführern. Karl nahm blutige Rache:
4500 gefangene Sachsen ließ er bei Verden an der Aller enthaupten.
3. Hatte Karl es bislang nur mit einzelnen Stämmen zu thun
gehabt, so erhob sich nach dem Verdener Blutgerichte das ganze
Sachsenvolk zum gemeinsamen Kampfe für Vaterland, Religion und
Freiheit. Wie einst Armin die germanischen Stämme gesammelt, so
entflammte jetzt Herzog Widukind die sächsischen zum Kampfe. Nur
mit Mühe vermochte Karl dem Andrange der Verzweifelnden zu wider-
stehen. Die erste Schlacht bei Detmold blieb unentschieden. In einer