Full text: Deutsche Geschichte für Schule und Haus nach den Forderungen der Gegenwart für das Königreich Bayern.

36 III. Die Zeit der Lehensherrschaft. 
  
  
stiegen nach und nach im Ansehen über die Freien und erhielten, 
gleich den Adeligen, den Ehrennamen Ritter, d. h. Reiter. Die 
Ritter bildeten einen besondern Stand und schlossen sich von den ge- 
wöhnlichen Freien ab; nur der konute in den Ritterstand eintreten, 
der gewisse Bedingungen erfüllt hatte. Er mußte einem freien Ge- 
schlechte angehören, rikterliche Ehre kennen und ihrer wert sein. 
2. Schon in früher Jugend wurde der adelige Knabe für den 
Ritterstand erzogen und vorbereitet. Bis zum siebenten Lebensjahre 
wuchs er im Elternhause unter dem Einflusse und der Pflege der Frauen 
auf. Dann kam er gewöhnlich an den Hof des Lehensherrn, wo er bis 
zum vollendeten vierzehnten Jahre Pagendienste verrichtete, d. h. bei 
Tische diente, Botschaft trug und dergl. Schon jetzt wurde er unter- 
wiesen, daß Gott lieben und Frauen ehren die ersten Pflichten des 
künftigen Ritters seien. Zugleich lernte er Pferde tummeln, die Arm- 
brust spannen und das Schwert handhaben; er rang, klomm, lief und 
sprang bis zur völligen körperlichen Ausbildung; auch Singen und 
Saitenspiel, manchmal sogar fremde Sprachen wurden gelehrt. Vom 
fünfzehnten Jahre an folgte er seinem Herrn als Knappe in den 
Kampf, trug ihm die schwere Rüstung und Bewaffnung nach und 
führte das Roß vor. Treue gegen den Herru war die erste Pflicht 
des Knappen. Oft nahm er, im zweiten Gliede stehend, auch am 
Kampfe teil. Rettete er in der Schlacht seinen Herrn, so trug er 
den größten Ruhm davon, den ein adeliger Jüngling sich erwerben 
konnte. 
3. Mit dem einundzwanzigsten Jahre gelangte der Knappe 
durch den Ritterschlag zur Ritterwürde. Der Ritterschlag wurde 
unter großen Feierlichkeiten erteilt. Der junge Ritter kniete nieder 
und erhielt mit der flachen Degenklinge drei Schläge auf Hals oder 
Schulter, wobei die Worte üblich waren: „Im Namen Gottes, 
des heiligen Michael und Georg schlage ich dich zum Ritter!“ Im 
vollen Schmucke der Waffen, mit Helm und Schild, Schwert und 
Lanze schwang er sich dann aufs Roß und sprengte davon. Dem 
Ritterschlage folgte gewöhnlich ein Turnier zur Lust und Freude aller 
Teilnehmer. Die Turniere waren ritterliche Kampfspiele, bei denen 
die Gegner zu Roß miteinander kämpften. Wer die meisten Gegner 
aus dem Sattel gehoben hatte, dem erkannten die Kampfrichter einen 
Helm, ein Schwert, eine goldene Kette, eine gestickte Feldbinde oder 
irgend ein anderes Kleinod zu. 
4. Um vor gefährlichen Nachbarn sicher zu sein und sich auch 
äußerlich vom übrigen Volke abzuschließen, verlegten die Ritter ihre 
Wohnungen mit der Zeit auf die nächste Höhe, oder, wo diese fehlte, 
in eine sumpfige Gegend. Diese Wohnung, meistens aus festen Steinen 
erbaut, führte den Namen Burg oder Stein. Arme Ritter hatten 
kleine, enge und unwohnliche Burgen, bei reichen Rittern war sie dagegen 
weit und geräumig. Ein Graben, über den eine Zugbrücke führte, 
umschloß fie; an gefährlichen Stellen war sie außerdem durch Mauern 
geschützt. Im Innern lag der Burghof, von den Ställen der Pferde,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.