56 » V. Die Zeit der Reformation.
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Buchstaben. Sollte nun ein Buch gedruckt werden, so mußten jo
viele Holztafeln da sein, als das Buch Seiten hatte. Nach dem Ab-
drucke hatten aber die Tafeln, die so viel Mühe und Arbeit gekoftet,
keinen Wert mehr.
2. Da kam ein deutscher Edelmann, Namens Gutenberg, geboren
in Mainz, wohnhaft in Straßburg, auf den glücklichen Gedanken, die
einzelnen Schriftzeichen in buchene Stäbchen auszuschneiden, mit Fäden
zu Zeilen zusammenzureihen, mit Tinte und Lampenruß zu schwärzen
und abzudrucken. Der erste Versuch gelang nicht nach Wunsch, weil
die hölzernen Buchstaben leicht zersprangen: daher nahm er später
bleierne, dann zinnerne. Gutenberg kehrte nach Mainz zurück und
trat mit Johann Faust und Peter Schöffer in Verbindung. Der
letztere gab den Rat, die Buchstaben in Formen zu gießen, statt sie
mühsam zu schneiden; auch erfand er eine bessere Druckerschwärze aus
Kienruß und Leindl. Nun war man imstande, ein ganzes Buch zu
drucken; das erste war eine lateinische Bibel in drei Bänden.
3. Die ersten gedruckten Bücher setzten alle Welt in Erstaunen.
Man hielt das Gedruckte für Geschriebenes und konnte nicht begreifen,
wie auf einmal so viele Blätter so ähnlich beschrieben werden konnten.
Die Mönche waren über die nene Erfindung erbittert, da ihnen dadurch
ihr Erwerb verkümmert wurde; sie nannten Faust, der mit seinen Bibeln
auf Universitäten und Märkten umherzog, einen Schwarzkünstler und
Hexenmeister. Die Ausbreitung der Buchdruckerkunft wurde durch das
Linnen= und Baumwollenpapier, welches die Deutschen schon im vier-
zehnten Jahrhundert herzustellen verstanden, noch wesentlich gefördert.
4. Bücher und Schriften konnton nun in großer Zahl gedruckt
und weit verbreitet werden; hatten sie früher oft an Ketten in den
Bibliotheken und Klöstern gelegen, so flogen sie jetzt zuweilen als lose
Blätter umher. Die Bücher wurden billiger, so daß auch der Armste
sie kaufen konnte. Eine Bibel kostete bald nur noch wenige Gulden.
Für die Schulen wurden Bücher in großer Anzahl hergeftellt, und die
Kinder kernten schon gedruckte Schrift verstehen. Später kamen auch
Zeitungen auf, erzählten, was in der Welt vorging, und machten die
fahrenden Leute zu überflüssigen Gesellen.
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56. Die Entdeckung Amrrikas.
1492.
1. Zur Zeit der Reformation hat der Italiener Christoph Columbus
den Erdteil Amerika entdeckt. Die Entdeckung Amerikas ist auch für
uns von der größten Bedeutung geworden. Die Gewächse Indiens
wurden nach dem neuen Erdteile verpflanzt und gediehen daselbst wie
in ihrer Heimat. Die Handelsleute holten nunmehr die kostbaren
Schätze aus dem nähern Westen. Seitdem verödeten die Handelsstraßen,
auf denen die Waren einst von Süden her über die Alpen zu uns ge-
kommen waren:; die Kaufleute verforgten unser Land über Holland,