64 V. Die Zeit der Reformation.
zugewinnen und durch ein innigeres Glaubensleben zu befestigen. Auf
einer großen Kirchenversammlung zu Trient wurden abermals die
vorhandenen Mißbräuche zur Sprache gebracht. Es wurde beschlossen,
dieselben abzuschaffen und nur solche Männer zu Priestern und Bischöfen
zu wählen, die die nötigen Kenntnisse und den guten Willen hätten,
ihrer Gemeinde mit gottgefälligem Leben vorzustehen. In den Klöstern
sollte fortan wieder ein ernsteres und strengeres Leben geführt und die
Zeit mehr zum Lernen und im Dienste der Laien verwandt werden. Im
übrigen aber sollte alles, was im Laufe der Zeit entstanden und gut
geheißen, bestehen bleiben. So hat sich deun seit jener Zeit auch in
der katholischen Kirche die Besserung vollzogen, die von allen ernsten
Katholiken gewünscht worden war. Der Papst wird jetzt ohne den.
Einfluß weltlicher Machthaber vom Kardinalskollegium gewählt; er
ernennt und bestätigt die Erzbischöfe und Bischöfe, und diese ernennen
und beaufsichtigen wieder die Priester in ihrem Amte, so daß alles nach
gewissenhafter Ordnung geschieht.
64. Die Kirchenschulen.
Seit der Kirchentrennung erinnerte sich die Kirche wieder überall
der ernsten Pflicht, die Rinder des Volkes im chriftlichen Glauben zu.
unterrichten und auf das kirchliche Leben vorzubereiten. Diese Be-
lehrung übernahm auf den Dörfern zunächst der Prediger; sie wurde
aber bald den Küstern übertragen. Diese hatten nun den Kindern des
Kirchspiels die zehn Gebote, den Glauben, das Vaterunser, andere Stücke
der christlichen Lehre und Gesänge einzuprägen. Anfangs wurde dieser
Unterricht nur am Sonntagnachmittage in der Kirche, später aber auch
an einem oder zwei Wochentagen in einem andern Raume erteilt. So
entstanden die Kirch= oder Küsterschulen, zu deren Unterhaltung jeder
Angehbrige des Kirchspiels ebenso beitragen mußte, wie zur Erhaltung
der Kirche. Auf diese Weise sind die Abgaben entstanden, die die
Außendörfer noch jetzt an die Küster des Kirchdorfes zu entrichten
haben. Küster und Lehrer an diesen Schulen konnte jeder werden,
der ein wenig zu lesen verstand und sonst ein ehrbarlich Leben führte.
In den Kirchschulen wurde der kirchliche Gesang, der sich jetzt als
Choral ausbildete, besonders gepflegt.
65. Die Bauernkriege.
I. In der Reformationszeit ging die alte Naturalwirtschaft all-
mählich in die Geldwirtschaft über. Die reichen Goldfelder Amerikas
lieferten so viel Gold und die neu erschlossenen Bergwerke so viel
Silber, daß der Wert des Geldes sank. Es gehörten nun größere
Summen zum Reichwerden, und die Waren kosteten mehr Geld als
früher. Die alte Gleichheit verschwand, und großer Reichtum stellte