VII. Die Zeit der Fürstemmacht. 88
er alles selbst und überließ den Ministern nur die Ausführung seiner
Befehle, Morgens um 4 Uhr stand er schon auf und ging an den
Schreibtisch, auf welchem die in der Nacht angekommenen Breefe
lagen; die wichtigern las er selbst; aus den übrigen mußten die
Regierungsräte kurze Auszüge machen. Dann höne er die Berichte
an, gab Befehle und trank Kaffee. Nach dem Frühstücke ging er, die
Flöte blasend, ein bis zwei Stunden im Zimmer auf und ab. So-
bald die Flöte weggelegt war, traten die Räte mit ihren Auszügen
wieder ein, und nun bestimmte er, was geantwortet werden solle,
schrieb auch wohl mit eigener Hand den Bescheid in kurzen Worten
an den Rand. Abends von 6 Uhr an wurden von berühmten
Künstlern Konzerte ausgeführt, bei denen der König zuweilen selbft
mitwirkte. Dann folgte die Abendmahlzeit; dabei durfte es an munterer
Unterhaltung nicht sehlen. War der König auf Reisen, so mußten
die Landräte und Amtleute gewöhnlich neben seinem Wagen herreiten
und ihm von ihren Kreisen und Ortschaften erzählen, damit auch die
Zeit, welche er auf der Landstraße zubrachte, nicht unbenutzt bliebe.
Keinem seiner Unterthanen verweigerte er das Gehör. „Die armen
Leute,“ fagte er, „wissen, daß ich Landesvater bin, ich muß sie hören,
denn dazu bin ich da."“
4. Als die Kaiserin Maria Therefia in Östreich zur Regierung
kam, erbot sich Friedrich II., ihr gegen alle Feinde beizustehen, wenn
sie ihm die Teile Schlesiens abtrete, welche ihm als Erbe zuständen.
Maria Theresiga wies sowohl Friedrichs Anerbieten als auch seine An-
sprüche zurück. Sofort rückte der König mit einem schlagfertigen
Heere in Schlesien ein, und der Krieg begann (1740). Bei Monlit
siegte er und behielt das schlesische Land. Nach zwei Jahren mußte
er zum zweitenmale, und wieder elf Jahre später zum drittenmale um
Schlesien kämpfen.
5. Der letzte Kampf hat sieben Jahre gedauert, 1756—1763,
und heißt deshalb der siebenjährige Krieg. Als nämlich Maria The-
resia Ruhe vor ihren Feinden hatte, war ihr innigster Wunsch, das
schöne Schlesien wiederzugewinnen. Da sie es nicht wagte, allein.
gegen Friedrich aufzutreten, so schloß sie mit Frankreich, Rußland,
Sachsen und Schweden Bündnisse. Friedrich erhielt durch England,
Hannover, Braunschweig und Hessen Unterstützung. Friedrichs Feinde
waren an Zahl doppelt so stark als er. Kaum hatte der König von
dem Bündnisse seiner Feinde gehört, so rückte er in Sachsen ein, um
anzugreifen. Gleich beim ersten Zusammentreffen schlug er die
östreichische Armee bei Kowositz und nahm das ganze sächsische Heer
bei Pirna gefangen. Während der sieben Kriegsjahre sind zwanzig
rößere Schlachten und kleinere Gefechte geliefert worden, wovon
Friedrich und seine Bundesgenossen dreizehn gewonnen haben. Maria
Theresia erklärte sich im ure 1763 bercit, Frieden zu schließen.
Schlesien blieb eine Provinz Preußens. Friedrich ging als der größte
Held seiner Zeit aus dem siebenjährigen Kriege hervar. Er hatte sein
Land gegen eine zwölffache Ubermacht verteidlgt und keinen Fuß breit
6“