Full text: Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

2. Abschn. Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate. (826.) 143 
11. Die Vorschrift des zweiten Absatzes beschränkt sich für gewöhn- 
lich auf Fälle, in denen sich der Fahnenflüchtige durch seine Entfernung 
oder sein Fernbleiben von der Truppe der aktiven Dienstpflicht entzieht; 
auf Mannschaften der Reserve, der Land= oder Seewehr und der Ersatz- 
reserve soll sie sich nur erstrecken, wenn die Einberufung nach Bekannt- 
machung der Kriegsbereitschaft oder nach Anordnung der Mobilmachung 
erfolgt ist, wenn also die Fahnenflucht einen besonders schweren Charakter 
trägt. 
12. Unter „Kriegsbereitschaft" werden die Maßnahmen verstanden, 
die nach den jeweils geltenden Bestimmungen aus Anlaß von Span- 
nungen in der auswärtigen Politik oder bei Erklärung einer drohenden 
Kriegsgefahr auszuführen sind. 
13. Siehe Anm. 21 zu § 22 des R. u. StGes. 
14. Der Abs. 3 handelt von der Wiedereinbürgerung der Personen, 
die auf Grund der Vorschriften des Abs. 1 oder 2 ihre Staatsangehörig- 
keit verloren haben. Die Wiedereinbürgerung wird in Frage kommen, 
wenn besondere Umstände das Verhalten des Wehrpflichtigen entschuldbar 
machen oder wenn seine spätere Lebensführung ihn einer ausnahms- 
weisen Berücksichtigung würdig erscheinen läßt. Vor der Entscheidung 
sollen die Militärbehörden in die Lage gesetzt werden, die dagegen 
sprechenden militärischen Gründe geltend zu machen. Da es, wenn auch nur 
in Ausnahmefällen, vorkommen kann, daß dem die Wiedereinbürgerung 
Beantragenden ein Verschulden überhaupt nicht zur Last fällt, wird 
ferner vorgeschrieben, daß ihm in diesem Falle ein Rechtsanspruch auf 
Wiederaufnahme, und zwar ohne Rücksicht auf die in den §8 8, 9 und 13 
angegebenen Voraussetzungen, zustehen soll (Begründung des Reg. Entw.). 
15. Die Einbürgerung steht im freien Ermessen der Regierung des 
Bundesstaats, bei dem sie beantragt wird. Daß die Einbürgerung nur 
auf Antrag des ehemaligen Deutschen erfolgt, ist zwar nicht aus- 
drücklich hervorgehoben, ergibt sich aber aus dem im R. u. StGes. gleich- 
mäßig durchgeführten Grundsatze, daß ein Nichtdeutscher unter allen 
Verhältnissen nur auf Ansuchen hin eine deutsche Staatsangehörigkeit 
erlangen kann (vgl. die §§ 8, 10, 11, 12, 13. Daß die Einbürgerung 
durch Anstellung eines Ausländers nach den §§ 14, 15 seine Bewerbung 
um eine Dienstesstelle und damit um die Staatsangehörigkeit voraus- 
eetzt, ist selbstverständlich). 
16. Hier kommt jeder Bundesstaat in Betracht, nicht nur der frühere 
Leimatstaat des Ausgeschiedenen, ferner der Reichskanzler für die un- 
mittelbare Reichsangehörigkeit.
	        
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