Full text: Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

66 B. Erläuterungen z. Reichs= u. Staatsangehörigkeitsgesetz. 
zwölf Monate wegen wiederholten Bettelns oder wegen wiederholter 
Landstreicherei bestraft worden. 
c) Die Gemeinde, in welcher der Antragsteller neu zugezogen ist, 
kann nachweisen, daß er weder genügendes Vermögen hat, noch von 
unterhaltspflichtigen Verwandten die erforderlichen Mittel erhält oder 
hinreichende Kräfte besitzt, um sich und seinen nicht arbeitsfähigen An- 
gehörigen den notdürftigen Lebensunterhalt zu verschaffen. 
d) Die Gemeinde, in der sich der Antragsteller bereits nieder- 
gelassen, aber noch nicht Heimatrecht oder Unterstützungswohnsitz er- 
worben hatte, weist nach, daß er einer öffentlichen Unterstützung aus 
anderen Gründen bedarf als wegen einer nur vorübergehenden Arbeits- 
unfähigkeit. 
Seitdem § 2 des Gesetzes vom 4. Juli 1872, betr. den Orden der 
Gesellschaft Jesu (RG#Bl. S. 253), durch das Reichsgesetz vom 8. März 1904 
(RGBl. S. 139) aufgehoben ist, unterliegen deutsche Mitglieder des 
Ordens der Gesellschaft Jesu, der Kongregation der Lazaristen und der 
Gesellschaft vom Heiligen Herzen Jesu persönlich keinen Aufenthalts- 
beschränkungen mehr. Wegen der Zugehörigkeit zu den genannten Ver- 
einigungen kann daher die Aufnahme nicht versagt werden. 
9. Wird die Aufnahme auf Grund der erwähnten Bestimmungen 
des Freizügigkeitsgesetzes abgelehnt und beantragt der Gesuchsteller Ent- 
scheidung über seinen vermeintlichen Anspruch auf Aufnahme im ver- 
waltungsrichterlichen oder Rekursverfahren, so ist in diesem Verfahren die 
Frage, ob ein Grund vorliegt, der die Ab- oder Ausweisung des Gesuch- 
stellers rechtfertigt, als Zwischenfrage zu behandeln. In Bayern ist 
zur Entscheidung im ersten Rechtszuge der verwaltungsrechtliche Senat 
der Regierung, Kammer des Innern, berufen (Art. 9 VGHGes.; Bayer. 
VV. Nr. 60). Wenn aber jene Frage bereits im gesonderten Verfahren 
nach Art. 8 Ziff. 3 VG# HGes. rechtskräftig ausgetragen ist, so ist diese 
Entscheidung für die Beurteilung des Anspruchs auf Aufnahme maß- 
gebend, solange ihre Voraussetzungen fortbestehen. 
10. Das Aufnahmegesuch gilt nicht als „Antrag der Ehefrau“, 
wenn die Ehegatten um ihre gemeinsame Aufnahme nachsuchen. Das 
Aufnahmegesuch des Mannes, das sich ausdrücklich oder stillschweigend 
auf die Frau erstreckt, bedarf auch nicht ihrer Zustimmung. Nur dem 
Gesuche der Frau, das ihre Aufnahme ohne die des Mannes erstrebt, 
muß die Zustimmung des Mannes beigefügt sein. Das Antragsrecht 
der Frau setzt gleich der Antragstellung des Mannes Geschäftsfähigkeit 
voraus. Eine Frau, die minderjährig, entmündigt oder unter vorläufige
	        
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