Full text: Der Weltkrieg 1914. Band 1. (1)

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hatte, für das Verbrechen von Serajewo summarische Rache zu üben. Die 
Ueberzeugung, daß Rußland abseits stehen würde, war mir am 24. Juli 
durch den deutschen Botschafter geäußert worden. Diese Empfindung, die 
auch auf dem Ballplatz selbst gehegt wurde, beeinflußte zweifellos den 
Lauf der Ereignisse 
Am 28. Juli besuchte ich den Grafen Berchtold und legte ihm so nach- 
drücklich, wie ich es vermochte, dar, daß die in Ihrer Unterhausrede vom 
Tage vorher erwähnte Vermittlungsformel als eine-ehrenhafte und fried- 
liche Lösung der schwebenden Fragen angenommen werden sollte. Seine 
Exzellenz selbst verlas mir einen telegraphischen Bericht über die Rede, 
fügte indessen hinzu, daß die Dinge schon so weit gediehen seien: Oester- 
reich-Ungarn habe am Tage selbst Serbien den Krieg erklärt, und es könne 
sich nicht darein finden, daß die von Ihnen angeregte Konferenz unter Mit- 
wirkung der wenigen beteiligten Mächte auf der Grundlage der serbischen 
Antwort stattfinde. Es ist dies ein Gegenstand der unmittelbar zwischen 
den direkt beteiligten Parteien geregelt werden müsse. Ich erklärte, daß 
die Regierung Seiner Mojestät mit Bedauern vernehmen würde, daß die 
Feindseligkeiten nicht aufgehalten werden könnten, und daß Sie befürch- 
teten, sie würden zu europäischen Verwicklungen führen. Ich stellte in Ab- 
rede, daß man auf britischer Seite keine Sympathie mit Oesterreich-Ungarn 
im Hinblick auf seine berechtigte Beschwerde gegen Serbien habe, und ver- 
wies darauf, daß, während Oesterreich-Ungarn diese Beschwerden zum Aus- 
gangspunkt seiner Politik machte, die Regierung Seiner Majestät sich ver- 
pflichtet fühle, die Frage in erster Linie von dem Standpunkt der Erhaltung 
des europäischen Friedens aufzufassen. Hierbei könne es leicht dazu 
kommen, daß die beiden Länder auseinandergingen. Seine Exzellenz sagte 
mir, daß auch er die europäische Seite der Frage im Auge behalte. Er 
glaube indes, daß Rußland kein Recht zum Eingreifen habe, nachdem es die 
Versicherung erhalten, daß Oesterreich keine Gebietsvergrößerung erstrebe. 
Seine Exzellenz bemerkte im Laufe der Unterredung, daß, wiewohl er sehr 
gern zur Erzielung der Regelung mitgewirkt habe, die während der Balkan- 
krisis auf der Botschafterkonferenz in London hervorgegangen war, er doch 
niemals viel Vertrauen auf die Dauerhaftigkeit dieser Lösung gehabt hatte, 
die notgedrungen doch von höchst künstlicher Art gewesen sei, indem die 
Interessen, die es zu einigen galt, an sich wesentlich auseinandergingen. 
Seine Exzellenz beobachtete während dieser Unterredung eine äußerst 
freundliche Haltung, ließ jedoch bei mir keinen Zweifel über die Entschei- 
dung der österreichisch-ungarischen Regierung, zu einem Einfall in Serbien 
überzugehen. % 
Die deutsche Regierung 
behauptet, daß sie bis zum Ende bei dem Bemühen verblieben sei, in Wien 
Ihre mehrfachen Vorschläge zum Besten des Friedens unterstützt zu haben. 
Herr v. Tschirschky unterließ es, meine oder die Mitwirkung des russischen 
und des französischen Botschafters für die Ausführung seiner diesbezüglichen 
Weisungen anzurufen. Und ich hatte keine Gelegenheit, zu erfahren, 
welche Antwort er von der österreichischen Regierung erhalten würde. In- 
des wurde ich durch Herrn Schebeko, den russischen Botschafter, über seine 
eigenen Unterhandlungen mit dem Grafen Berchtold ausgiebig unterrichtet. 
Herr Schebeko bemühte sich, am 28. Juli, die österreichisch-ungarische Regie- 
rung zu überzeugen, sie möge den Grafen Szapary (den österreichisch-unga- 
rischen Botschafter in Rußland) mit allen Vollmachten versehen, damit er in
	        
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