Full text: Der Weltkrieg 1914. Band 1. (1)

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Petersburg die vielversprechenden Unterhandlungen fortsetzen könne, die 
zwischen ihm und Herrn Sasonow, dem russischen Minister des Auswärtigen, 
stattgefunden hatten. Graf Berchtold lehnte an dem Tage ab, allein zwei 
Tage darauf (30. Juli) empfing er, wiewohl mittlerweile Rußland gegen 
Oesterreich-Ungarn teilweise mobilgemacht hatte, nochmals in durchaus 
freundlicher Weise Herrn Schebeko und gab seine Zustimmung zu den Unter- 
redungen in Petersburg. Von da ab war die Spannung zwischen Rußland 
und Deutschland größer als die zwischen Rußland und Oesterreich--Ungarn. 
Zwischen den beiden letzteren war eine Einigung fast in Sicht, und am 
1. August wurde ich durch Herrn Schebeko unterrichtet, daß Graf Szapary 
am Ende in dem Hauptpunkt nachgegeben, indem er Herrn Sasonow mit- 
geteilt hätte, daß Oesterreich-Ungarn zustimme, diejenigen Punkte der Note 
an Serbien, die mit der Erhaltung der serbischen Unabhängigkeit unver- 
einbar schienen, einer Vermittlung zu unterbreiten. Herr Sasonow, so 
fügte Herr Schebeko hinzu, habe diesen Vorschlag unter der Bedingung an- 
genommen, daß Oesterreich-Ungarn sich des tatsächlichen Einbruchs in 
Serbien enthalten würde. « 
OeitetteichAugarnhatteinWirklichkeitichließlichnachgegeben 
und daß es bei dieser Wendung Grund zur Hoffnung auf einen friedlichen 
Ausgang hatte, ergibt sich aus der Ihnen am 1. August durch den Grafen 
Menzdorff (österreichisch-ungarischer Botschafter in London) gemachten 
Mitteilung des Inhalts, daß Oesterreich-Ungarn weder die „Tür zuge- 
schlagen“, so daß jeder Vergleich vereitelt würde, noch die Unterhandlungen 
abgebrochen hatte. Herr Schebeko bemühte sich bis zum Ende eifrigst um 
den Frieden. Er führte gegenüber dem Grafen Berchtold die allerverbind- 
lichste Rede und teilte mir mit, daß letzterer, wie auch Graf Forgach, in der- 
selben Weise geantwortet hätten. Es war sicherlich zu viel, wenn Ruß- 
land erwartete, daß Oesterreich-Ungarn seine Armeen einhalten würde, 
allein diese Angelegenheit hätte sicherlich durch Unterhandlungen beigelegt 
werden können. Und Herr Schebeko sagte mir wiederholt, daß er bereit sei, 
jeden vernünftigen Vergleich anzunehmen. 
Leider wurden diese Unterredungen von Petersburg und Wien dadurch 
abgeschnitten, daß 
das Feld des Zwistes auf das gefährlichere Gebiet eines unmittelbaren 
Zusammenstoßes zwischen Deutschland und Rußland verschoben 
wurde. Deutschland griff am 31. Juli durch sein doppeltes Ultimatum in 
Petersburg und Paris ein. Beide Male war das Ultimatum derart, daß 
es darauf nur eine mögliche Antwort gab, Deutschland erklärte an Rußland 
den Krieg am 2., an Frankreich am 3. August. Einige Tage Aufschub 
hätten aller Wahrscheinlichkeit nach Europa eine der größten Heim- 
suchungen der Geschichte erspart. Rußland sah immer noch von einem An- 
griff gegen Oesterreich-Ungarn ab, und Herr Schebeko war angewiesen 
worden, auf seinem Posten zu bleiben, bis der Krieg gegen Rußland wirk- 
lich durch die österreichisch-ungarische Regierung erklärt sei. Das geschah erst 
am 6. August. « 
....Heerumaine(derfranzösifcheBotschaftet)bliebbiszum 
12. August. Am Tage vorher war er angewiesen worden, seine Pässe zu 
verlangen mit der Begründung, daß 
österreichisch-ungarische Truppen gegen Frankreich verwandt 
würden. Dieser Punkt war nicht völlig aufgeklärt, als ich Wien verließ. 
 
	        
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