84 Zweiter Abschnitt: Staat und Staatsverfassung. IV. Kapitel. § 46.
§ 46. III. Die einzelnen Ministerien. Die zur Zeit bestehenden vier Ministerien
sind!?):
1. das Ministerium des großherzoglichen Hauses und der aus-
wärtigen Angelegenheiten.
In dessen Geschäftskreis gehören:
a) alle Angelegenheiten, welche das großherzogliche Haus und dessen einzelne Mit-
glieder, deren persönliche Verhältnisse, die Civilliste und Hofausstattung, Witthum und
Apanagen, wie die Aufsicht über Erhaltung der zum Hausfideikommisse gehörigen Bestand-
theile und Immobilien betreffen, die Adelssachen, Mitwirkung bei Hof= und Staats-Cere-
monial= und Etiquettesachen, bei Ernennung der Hoschargen und bei Erledigung von Ordens-
angelegenheiten (vgl. § 52).
Der Minister des großherzoglichen Hauses fungirt als rechtspolizeiliche Behörde für
die großherzogliche Familie und hat insbesondere bei Entwerfung und Verhandlung von
Eheverträgen, Errichtung von letzten Willen und Behandlung von Verlassenschaften mit-
zuwirken, ebenso bei Beurkundungen des bürgerlichen Standes (vgl. § 25);
b) die das Reich betreffenden und die auswärtigen Angelegenheiten. Ihm liegt sonach
1) Ueber die früheren Organisationen s. Weizel a. a. O. S. 24 f..
Von 1809 bis 1860 bestanden fünf Ministerien: Das Ministerium des großherzoglichen Hauses
und der auswärtigen Angelegenheiten, dem auch die Leitung des Post-, Eisenbahn- und Telegraphen-
wesens zustand, das Justizministerium, das Ministerium des Innern, das Finanzministerium und
das Kriegsministerium.
Durch ldh. Verord. v. 19. April 1860, Reg. Bl. Nr. XXII, S. 139, wurde ein Handels-
ministerium errichtet und ihm der volkswirthschaftliche Theil der innern Verwaltung, also Handel
und Verkehr, Gewerbe und Landwirthschaft, Wasser= und Straßenbau und vom Ministerium der
auswärtigen Angelegenheiten das Post-, Eisenbahnen= und Telegraphenwesen zugewiesen. In Folge
des Eintritts des Großherzogthums in das Deutsche Reich wurde durch ldh. Verord. v. 29. Juni 1871,
G. u. V. Bl. Nr. XXIV, S. 129, das Ministerium des großherzoglichen Hauses und der auswärtigen
Angelegenheiten als besonderes Ministerium aufgehoben, die das Reich betreffenden Angelegenheiten
unmittelbar dem großherzoglichen Staatsministerium zur Bearbeitung durch zu diesem Zwecke beigegebene
Hilfsarbeiter unter der Leitung des Präsidenten des Staatsministeriums, die Geschäfte hinsichtlich der
Erhaltung und Regulirung der Landesgrenze dem Ministerium des Innern übertragen; die übrigen
Geschäfte des aufgehobenen Ministeriums gingen an das Justizministerium über, welches seitdem
den Titel „Ministerium des großherzoglichen Hauses, der Justiz und des Auswärtigen“ führte. Das
Kriegsministerium hörte in Folge der Militärkonvention nach ldh. Verord. v. 27. Dez. 1871, G. u.
V. Bl. Nr. LIII, S. 453, mit dem 1. Jan. 1872 zu bestehen auf. Durch ldh. Verord. v. 25. Sept.
1876, Guu. V. Bl. Nr. XIII, S. 319, wurden die Geschäfte der auswärtigen Angelegenheiten dem
Staatsministerium zur unmittelbaren Bearbeitung gleich den Reichs-Angelegenheiten zugewiesen. In
Folge dessen hatte das seitherige Ministerium des großherzoglichen Hauses 2c. 2c. den Titel zu führen;
„Ministerium des großherzoglichen Hauses und der Justiz.“
Eine abermalige Organisationsänderung — wie die eben erwähnte gleichzeitig mit einem
theilweisen Ministerwechsel — erfolgte durch ldh. Verord. v. 20. April 1881, G. u. V. Bl. Nr. X, S. 127.
Das Handelsministerium wurde wieder aufgehoben, seine Zuständigkeit in den Angelegenheiten des
Eisenbahnbaues und Eisenbahnbetriebs, des Post= und Telegraphenwesens auf das Ministerium der
Finanzen, in den übrigen Verwaltungszweigen auf das Ministerium des Innern übertragen. Das
Ministerium des großherzoglichen Hauses wurde von dem Ministerium der Justiz getrennt und mit
dem Präsidium des Staatsministeriums verbunden. Dem Ministerium der Justiz wurde aus dem
seitherigen Geschäftskreise des Ministeriums des Innern das Kultus- und Unterrichtswesen einschließlich
der Einrichtungen für Wissenschaften und Künste zugetheilt, mit der entsprechenden Bezeichnung dieses
Ministeriums.
Eine ldh. Verord. v. 19. Febr. 1891, G. u. V. Bl. Nr. IV, S. 47, übertrug die bisher vom
Ministerium des Innern besorgten Geschäfte hinsichtlich der Erhaltung und Regulirung der Landes-
grenze der Abtheilung des Staatsministeriums für die Reichs= 2c. 2c. Angelegenheiten. Abermals
in Verbindung mit einem theilweisen Ministerwechsel übertrug die ldh. Verord. v. 7. März 1893,
G. u. V. Bl. Nr. VII, S. 33, die bis dahin mit dem Präfidium des Staatsministeriums verbundenen
Geschäfte des großherzoglichen Hauses und die Reichs= und auswärtigen Angelegenheiten wieder einem
besonderen „Ministerium des großherzoglichen Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten“ und wies
ihm ferner die Zuständigkeit zu, welche bis dahin dem Ministerium der Finanzen in den Angelegen-
heiten des Eisenbahnbaues und Eisenbahnbetriebes, des Post= und Telegraphenwesens zugetheilt war.