Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

8 48. Die Verwaltung. Allgemeine Grundsätze. 93 
Die zweite Prüfung wird von einer Kommission, welche das Justizministerium unter 
Mitwirkung des Ministeriums des Innern ernennt, vorgenommen. Die Bestandenen werden 
zu Referendären ernannt. 
§ 48. V. Die Verwaltung. 1. Allgemeine Grundsätze. Die den Ministerien zum 
Zwecke der Vollziehung im Einzelnen unterstehenden Behörden sind je nach ihrer Gestaltung 
Kollegialbehörden oder Einzelbeamtenstellen. Die Kollegialbehörden bestehen aus einem Vor- 
stande (Präsident oder Direktor) und mehreren Kollegialmitgliedern (Räthen, Assessoren). 
Das Charakteristische des Geschäftsganges bei ihnen liegt darin, daß alle wichtigeren 
Gegenstände in gemeinsamer Sitzung des Kollegiums oder bestimmter Abtheilungen des- 
selben berathen werden, und hierbei die Beschlüsse durch Mehrheitsbeschluß gefaßt, und daß 
selbst zu denjenigen Beschlüssen, welche außerhalb der Sitzung gefaßt werden, das Zusammen- 
wirken wenigstens eines Kollegialmitgliedes mit dem Vorstande und dessen Stellvertreter 
erforderlich ist. Die dem Kollegium obliegenden Geschäfte werden zu diesem Behufe durch 
den Vorstand, und zwar in der Regel zum Voraus in dauernder Weise zur Bearbeitung 
vertheilt; der Geschäftsbearbeiter (Respicient) ist dem Kollegium gegenüber nur Bericht- 
erstatter (Referent), der seine Ansicht vorträgt und die zu fassende Entschließung beantragt. 
Nach Außen hin erscheint die Entschließung lediglich als solche des Kollegiums; die Aus- 
fertigung derselben trägt, wo nicht etwas Anderes vorgeschrieben ist, nur die Unterschrift 
des Vorstandes oder seines Stellvertreters, außerdem als Beurkundung der Ueberein- 
stimmung der Ausfertigung mit dem Beschlußkonzepte die Gegenzeichnung des mit der 
Ueberwachung dieser Uebereinstimmung beauftragten Kanzleibeamten (Sekretärs). 
Diese kollegiale Beschlußfassung ist aber, wo durch Gesetz oder Verordnung nicht 
Anderes vorgeschrieben worden, in Wirklichkeit nur eine Form, die so lange eingehalten 
wird, als der Vorstand der Behörde sie zweckmäßig findet, die er aber jeden Augenblick 
durchbrechen kann. Der Vorstand ist an die Mehrheitsbeschlüsse des Kollegiums nicht 
gebunden; seinem Ermessen steht es anheim, an die Stelle des Mehrheitsbeschlusses seinen 
eigenen zu setzen oder aber die Entschließung der höheren Behörde einzuholen. Es folgt 
dies aus dem Grundsatze der Einheitlichkeit der Verwaltung und der Verantwortlichkeit 
der den Ministern untergeordneten Behördepersonen ihnen gegenüber 1). S. o. § 45. 
Bei den nicht kollegiolisch organisirten Verwaltungsbehörden ist, wenn sie mit 
mehreren Beamten besetzt sind, in der Regel einer derselben der Dienstvorstand und für 
die gesammte Geschäftsführung verantwortlich, die übrigen sind Hilfsbeamte, wenn auch 
ihrerseits verantwortlich, auch befugt, nach außen in ihrer Geschäftsabtheilung die Behörde 
zu vertreten. 
Ihrem örtlichen Zuständigkeitsgebiete nach sind die den Ministerien untergeordneten 
Verwaltungsbehörden entweder Mittelstellen oder Bezirksstellen. Die ersteren bilden 
Zwischenstufen zwischen den letzteren und den Ministerien in der Art, daß zur Erledigung 
solcher Angelegenheiten, welche die Zuständigkeit der Bezirksstellen überschreiten, sie theils 
selbst befugt sind, theils durch sie die Entschließung des Ministeriums einzuholen ist. 
Bei allen in Baden bestehenden Verwaltungsmittelstellen (abgesehen von den Landes- 
kommissären) erstreckt sich die Thätigkeit innerhalb des ihnen zugewiesenen sachlichen Ge- 
schäftskreises auf das ganze Land, so daß nur eine Mittelstelle der betreffenden Art be- 
steht, d. h. sie sind Centralmittelstellen. 
1) Für die Kreisdirektorien war dieser Satz in Beil. D. I. 3 zum Org. Resk. v. 26. Nov. 1809 
ausdrücklich anerkannt. 
schri Nür die Ministerien hatte Beil. F. I, Z. 10 u. 11. Beschlußfassung nach Stimmenmehrheit vor- 
geschrieben.
	        
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