98 Zweiter Abschnitt: Staat und Staatsverfassung. IV. Kapitel. § 49.
2. Zum Zwecke der örtlichen Vollziehung der Aufgaben der gesammten inneren Ver-
waltung ist das Großherzogthum in 52 Amtsbezirke eingetheilt 1). Innerhalb jedes dieser
Bezirke besteht ein Bezirksamt. Sein Thätigkeitskreis umfaßt die gesammte innere
Verwaltung (sowohl aus dem Gebiet des Ministeriums des Innern, als aus jenem der
übrigen Ministerien) innerhalb des Bezirkes, soweit sie nicht anderen, insbesondere tech-
nischen, Behörden übertragen ist. Das Bezirksamt ist innerhalb des Bezirkes die politische
mit Polizeigewalt ausgerüstete Behörde.
Die ständigen Beamten der Bezirksämter sind Berufsbeamte. Sie besorgen ihre
oben bezeichnete Geschäftsaufgabe mit eigener Verantwortung nach den bestehenden Gesetzen,
Verordnungen und Instruktionen, und zwar als Einzelbeamte, soweit nicht durch das
Verwaltungsgesetz vom 5. Okt. 1863 oder durch spätere Verordnungen die Entscheidung
oder Mitwirkung des Bezirksrathes vorgeschrieben ist.
Die Bezirksämter werden in der Regel mit einem, nach Bedürfniß auch mit zwei
oder mehr Beamten oder Hilfsarbeitern besetzt.
Die letztern werden von dem Ministerium des Innern ernannt.
Der Vorstand des Amtes (der Bezirksamtmann) führt unter seiner Verantwortlich-
keit die Aufsicht über die Geschäftsbesorgung der andern bei dem Amte angestellten Beamten
und Hilfsarbeiter.
Wo mehrere Beamte bei einem Amte angestellt sind, ist, so lange das Ministerium
des Innern keine andere Verfügung trifft, der zweite Beamte und nach ihm der dritte
Beamte der Stellvertreter des Amtsvorstandes in Verhinderungsfällen.
Die Geschäftsabtheilung unter denselben ist von dem Landeskommissär zu genehmigen.
Bei Meinungsverschiedenheiten über die zu erlassende Verfügung entscheidet in solchen
Verwaltungssachen, welche ohne den Bezirksrath zu erledigen sind, die Meinung des Amts-
vorstandes.
An weiterem Personal ist jedem Bezirksamte ein rechnungsverständiger Beamte
oder Gehilfe (Amtsrevident) beigegeben, welcher alle in das Rechnungswesen einschlagen-
den Gegenstände der Verwaltung, sowie die weiteren Aufträge des Amtsvorstandes zu
besorgen hat, ferner das erforderliche Kanzlei= und Dienstpersonal.
Die Bezirksämter sind dem Ministerium des Innern und den vom demselben er-
nannten Landeskommissären in dienstlicher Hinsicht unmittelbar untergeordnet, vorbehalt-
lich der Unterordnung unter den Verwaltungsgerichtshof und den Verwaltungshof in deren
Geschäftskreisen.
Soweit einzelne Zweige der Verwaltung andern Behörden übertragen sind, oder
anderen Ministerien unterstehen, haben die Bezirksämter innerhalb ihres Geschäftskreises
die Anordnungen und Ersuchen dieser Behörden bezw. Ministerien zu vollziehen?).
diese Beschwerden durch das Gesetz über das Polizeistrafverfahren nicht vor die Gerichte gewiesen find,
die Erledigung der Beschwerden gegen die Verfügungen der Bezirksämter in Betreff der Ertheilung
oder Versagung der polizeilichen Bewilligung zur Abhaltung von Tänzen und andern öffentlichen
Belustigungen, zur Verlängerung der Polizeistunde u. dgl.
Ueber weitere Befugnisse der Landeskommissäre s. d. angef. Verord. d. Min. d. Inn. v. 29. Dez.
1871, angef. ldh. V.O. v. 20. Sept. 1864, Verord. d. Min. d. Inn. v. 4. Mai 1872, G. u. V.Bl.
Nr. XXI, S. 230; außerdem eine Reihe von Spezialbestimmungen.
Zur Zeit find 4 Landeskommissäre ernannt: für die Kreise Mannheim, Heidelberg und Mos-
bach mit dem Wohnsitze in Mannheim; für die Kreise Baden und Karlsruhe mit dem Wohnzitze in
Karlsruhe; für die Kreise Freiburg, Lörrach und Offenburg mit dem Wohnsitze in Freiburg; für
die Kreise Konstanz, Villingen und Waldshut mit dem Sitze in Konstanz.
1) Verw.Ges. § 1, ldh. Verord. v. 12. Juli 1864, Reg. Bl. XXIX, S. 299; v. 5. Jan. 1872,
G. u. V. Bl. Nr. II, S. 7 u. 79; v. 7. u. 30. März 1872, G. u. V. Bl. Nr. XVII, S. 197; v. 29. Juni
1874, G. u. V. Bl. Nr. XXX, S. 376. 2) Ldh. Vollz. V. O. v. 12. Juli 1864 z. Verw.Ges., §§ 1—6.