Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

9 50. Die Verwaltungsrechtspflege. 105 
Des Verfahren vor den Verwaltungsgerichten war zunächst in Folge der durch das 
Verwaltumgsgesetz von 1863 ertheilten Ermächtigung im Wege der Verordnung 5 geordnet 
worden, umd zwar, was die untere Stufe betrifft, großentheils gleichartig für den Be- 
zirksrath als Verwaltungsbehörde, wie als Verwaltungsgericht. Das Verwaltungsrechts- 
pflegegesch von 1884 hat auch in dieser Beziehung die Trennung von Verwaltung und 
Verwaltungsrechtspflege vervollständigt, indem es für die letztere das Verfahren besonders 
geregelt hat. 
Die Grundbestimmung ist in § 1 d. Verw.G. von 1863 und § 1 d. Verw.R.Pfl.G. 
von 1884 enthalten. 
Das Verw. Ges. 8 1 besagt: 
„Die Rechtspflege in bestimmten Streitigkeiten über öffentliches Recht wird in erster 
Instanz regelmäßig von den Bezirksräthen unter dem Vorsitz der Bezirksbeamten, und 
in der letzten Instanz von dem Verwaltungsgerichtshof ausgeübt.“ 
Das Verw. R.Pfl.G. § 1 bestimmt: 
„Der Entscheidung der gesetzlich bestehenden Verwaltungsgerichte, der Bezirksräthe 
und des Verwaltungsgerichtshofes, unterliegen die in den Gesetzen ihnen zugewiesenen 
Streitigkeiten über Ansprüche und Verbindlichkeiten aus dem öffentlichen Rechte. Die Ent- 
scheidung ergeht unbeschadet aller privatrechtlichen Verhältnisse“. 
Im Einzelnen ist Folgendes Rechtens: 
1. Organisation der Verwaltungsgerichte. 
Als Verwaltungsgerichte bestehen 
à) für den ersten Rechtszug: die Bezirksräthe, d. h. in jedem Amtsbezirk der Be- 
zirksverwaltungsbeamte mit den Mitgliedern des Bezirksrathes. Sie bilden ein in ihren 
verwaltungsgerichtlichen Verhandlungen und Entscheidungen völlig unabhängiges richter- 
liches Kollegium. Der Bezirksbeamte führt bei den Berathungen den Vorsitz, hat Stimm- 
recht und bei Stimmengleichheit die Entscheidung. 
Der Bezirksrath ist beschlußfähig, wenn außer dem Bezirksbeamten mindestens vier 
Mitglieder anwesend sind?). 
Näheres über die Bezirksrath s. o. in § 49; 
b) für den zweiten Rechtszug, zugleich für eine Reihe von Rechtsstreitigkeiten als 
Gericht einziger Instanz der Verwaltungsgerichtshof#). 
Er ist mit einem Präsidenten und der erforderlichen Anzahl") von Räthen besetzt. 
Dieselben müssen zum Richteramt befähigt sein. 
Die erforderlichen Ersatzrichter werden aus der Zahl der Oberlandesgerichtsräthe 
berufen. Sie bekleiden ihre Stelle als Nebenamt auf die Dauer ihres Hauptamtes. 
Sämmtliche Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofes und die Ersatzrichter werden 
von dem Großherzog ernannt. 
Der Präsident und die Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofes können während 
der Dauer ihres Richteramtes in keiner Weise im Verwaltungsdienste verwendet werden?). 
Den Oberlandesgerichtsräthen dürfen für die Versehung des Nebenamtes als Ersatz- 
gerichts weder Funktionsgehalt (Nebengehalte) noch Remunerationen verliehen werden. 
1) Angef. ldh. Vollz. V.O. v. 12. Juli 1864 z. Verw. Ges. 
2) Verw. Ges. §§ 1—4. 
3) Verw.Ges. § 1, V. R. Pfl. Ges. § 1; angef. Ges. v. 24. Febr. 1880. 
4) Zur Zeit vier. 
5) Zu dem „Verwaltungsdienste“ im Sinne des Gesetzes gehören aber nicht Funktionen, die 
von der sachlichen Einwirkung der Verwaltungsbehörde unbeeinflußt find, wie die eines stellver- 
tretenden Mitgliedes der Oberrechnungskammer, eines Vorsitzenden von Schiedsgerichten, Mitgliedes 
des Disziplinarhofes, einer Kommission für die rechtswissenschaftliche Staatsprüfung u. a.
	        
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