Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

8 50. Die Verwaltungsrechtspflege. 107 
In allen diesen Fällen erstreckt sich die Gerichtsbarkeit der Verwaltungsgerichte 
oder des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere auf das gesammte streitig gewordene Rechts- 
und Sachverhältniß. 
Außerdem aber kommt dem Verwaltungsgerichtshof in gewissen Fällen eine beschränkte 
Gerichtsbarkeit zu. 
Er erkennt nämlich nach dem V. R. Pfl. G. (8 4) in erster und letzter Instanz über 
Klagen: 
„1. gegen polizeiliche Verfügungen der Bezirksämter und Bezirksräthe, welche den 
Kläger in seinen Rechten verletzen; 
2. gegen Verfügungen der Staatsaufsichtsbehörden, durch welche Gemeinden, Gemar- 
kungsinhabern, Bezirken, Kreisen, Kirchen= und Schulverbänden eine ihnen nicht obliegende 
Leistung auferlegt oder Beschlüsse dieser Körperschaften oder ihrer Behörden als gesetzwidrig 
aufgehoben werden; 
3. gegen die Entschließungen der Verwaltungsbehörden gemäß § 28 der Städte- 
ordnung (d. h. über die Entlassung von Gemeindebeamten): 
4. gegen die Zurücknahme der Approbationen von Aerzten und Apothekern; 
5. gegen die Entschließungen der Bezirksräthe, welche die Genehmigung der Statuten 
von eingetragenen Hilfskassen, Innungen oder Krankenkassen versagen oder die Schließung 
von eingetragenen Hilfskassen 2c. aussprechen. 
Die Klage kann nur darauf gegründet werden, daß die Behörde zu der angefochtenen 
Verfügung nicht berechtigt war: 
1. weil diese auf einer Verletzung des Gesetzes beruht; 
2. weil die obwaltenden thatsächlichen Verhältnisse jede Berechtigung der Behörde zu 
der angefochtenen Verfügung ausschließen. 
Das Gesetz ist verletzt, wenn Rechtsnormen, insbesondere auch solche, die in von den 
zuständigen Behörden erlassenen Verordnungen und allgemeinen Vorschriften enthalten sind, 
nicht, oder nicht richtig angewendet worden sind. Insoweit die Behörden innerhalb der 
Grenzen ihrer Zuständigkeit nach Ermessen im Sinn des Gesetzes zu verfügen berechtigt sind, 
findet die Klage nicht statt.“ · 
Gegen gewisse Verfügungen hat das Gesetz die Klage ausdrücklich ausgeschlossen. 
In allen diesen Fällen hat sonach der Gerichtshof nur die Stellung eines Kassations- 
hofes, der nur angerufen werden kann wegen Verletzung des Gesetzes oder Ueberschreitung 
auch der äußersten Grenzen des der Verwaltungsbehörde zustehenden Ermessens durch völlige 
Verkennung oder willkürliche Nichtberücksichtigung der Thatsachen 1). Ungeachtet dieser be- 
schränkenden Voraussetzungen der Klage liegt in der im Uebrigen allgemeinen Zulassung 
die Abänderung des Jagdgesetzes betr., v. 4. Mai 1886, die staatliche Fürsorge für die Erziehung 
verwahrloster jugendlicher Personen betr., Verord. v. 17. April 1888, das Verwaltungsstreitverfahren 
nach dem Bau-Unfallversicherungsgesetze betr., v. 25. Juni 1888, die Ausführung der Unfall= und 
Krankenversicherung betr., 27. Okt. 1890, den Vollzug der Invaliditäts= und Altersverficherung betr., 
(auf Grund des Reichsgesetzes v. 22. Juni 1889); v. 3. Sept. 1892, den Vollzug der Krankenverficherung 
betr. (auf Grund des R.G. üb. d. Krankenversicherung); Ges. v. 26. Juni 1890, die Versicherung 
der Rindviehbestände betr. Für die weitere Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs in erster und 
letzter Instanz s. Ges. v. 26. Juli 1888, die Besteuerung für örtliche kirchliche Bedürfnisse betr., 
v. 29. März 1890, das Recht zur Ausübung der Fischerei betr.; angef. Ges. v. 26. Juni 1890, die 
Versicherung der Rindviehbestände betr., v. 18. Juni 1892, die Besteuerung für allgemeine kirchliche 
Bedürfnisse betr. Ges. üb. d. Elementarunterricht in der Fassung v. 13. Mai 1892, v. 7. Juli 1892, 
die Ausführung der Krankenversicherung betr., v. 13. März 1894, die Gewährung von Entschädigungen 
bei Seuchenverlusten betr.; angef. Verord. v. 3. Sept. 1892, den Vollzug der Krankenversicherung betr. 
1) Rechtsfälle über diese Art von Klagen s. Wielandt, Rechtsprechung Nr. 87—92; Ztschr. 
XXIII, S. 61, 135; XXIV, S. 166, 217; XXV, S. 169, 237; XXVI, S. 125. — Ueber die zu den 
Vorentscheidungen in den Fällen von V. R.fl. Ges. §§ 3 u. 4 zuständigen Behörden f. ldh. Verord. 
v. 5. Aug. 1884, G. u. V. Bl. Nr. XXXII, S. 369, abg. 26. Juni 1894, G. u. V. Bl. Nr. XXXII, S. 283.
	        
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