Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

108 Zweiter Abschnitt: Staat und Staatsverfassung. IV. Kapitel. 850. 
derselben gegen polizeiliche Verfügungen der Bezirksbehörden und gegen Verfügungen der 
Staatsaufsichtsbehörden gegenüber Selbstverwaltungsbehörden ein großer Fortschritt im Rechts- 
schutze auf dem Gebiete des öffentlichen Rechtes. 
Ein Reihe von anderweiten sachlichen Gesetzen und Verordnungen hat noch auf anderen 
Gebieten diese Art von Klage zugelassen ). 
Endlich hat das Gesetz vom 24. März 1888, die Ausführung der Unfall= und 
Krankenversicherung betr., der großherzoglichen Regierung eine allgemeine Ermächtigung 
ertheilt, auch in anderen Fällen, in denen künftig durch Reichsgesetz das Verwaltungs- 
Streitverfahren als anwendbar erklärt wird, durch Regierungsverordnung im Anschlusse 
an die Bestimmungen des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege die Zuständigkeit der 
Verwaltungsgerichte und, soweit erforderlich, auch das Verfahren, insbesondere hinsichtlich 
der Frist für die Einreichung der Klage, zu regeln. 
Hiernach, in Verbindung mit dem Grundsatze, daß für die Gerichtsbarkeit die recht- 
liche Natur des von dem Kläger behaupteten Rechtsverhältnisses?) entscheidend ist, wird 
nach badischem Recht zur Begründung der Gerichtsbarkeit der Verwaltungsgerichte erfordert: 
a) daß das Rechtsverhältniß, aus dem das nach der Behauptung des Klägers ver- 
letzte Recht abgeleitet wird, dem öffentlichen Rechte, sei es nach der Annahme des Gesetzes 
(wie sie in der Zuweisung an die Verwaltungsgerichte liegt), sei es nach seiner wirklichen 
Natur angehöre; 
b) daß die Streitigkeiten aus solchen Rechtsverhältnissen durch Gesetz oder auf dem 
Gesetze beruhende Verordnung ausdrücklich vor die Verwaltungsgerichte gewiesen sind. 
Fehlt eine dieser Voraussetzungen, so liegt nach badischem Rechte keine vor die Ver- 
waltungsgerichte gehörige Verwaltungsrechtssache vor. Ist zwar die erstere Voraussetzung 
vorhanden, nicht auch die letztere, so ist die Sache stets eine „Verwaltungssache“", d. h. 
eine von den Verwaltungsbehörden in den für sie bestehenden Verfahrensformen zu er- 
ledigende Sache, und nur die Art dieses Verfahrens kann dadurch beeinflußt werden, daß 
etwa eine Frage des Rechts, nicht eine solche blos des Ermessens, vorliegt. 
Ist aber die Gerichtsbarkeit der Verwaltungsgerichte begründet, so ist es in den 
gegen die Verwaltungsbehörden gerichteten Streitigkeiten eine Frage der sachlichen Be- 
gründetheit der Klage, ob und wie weit die Verwaltungsbehörden befugt waren, nach Er- 
messen zu handeln. Denn soweit dies der Fall, ist durch ihre Handlung kein Recht 
verletzt. 
Dem Verwaltungsgerichtshof ist noch als besonderer Gegenstand seiner Thätigkeit 
auf Grund des 8 11 Abs. 1 u. 2 d. Einführ.Ges. zur Reichsgerichtsverfassung die Vor- 
entscheidung zugewiesen, wenn eine solche bei der straf= oder civilgerichtlichen Verfolgung 
eines Beamten wegen einer in Ausübung oder in Veranlassung der Ausübung seines 
Amtes vorgenommenen Handlung durch die vorgesetzte Dienstbehörde verlangt wird?). 
3. Die örtliche Zuständigkeit kann nur fraglich werden bei den Bezirksräthen. 
Zuständig ist: 
„1. bei Klagen, durch welche Ansprüche in Beziehung auf ein Grundstück geltend 
gemacht werden, ausschließlich das Verwaltungsgericht der belegenen Sache; 
1) Ges. v. 28. Mai 1888, die geschlossenen Hofgüter betr.; angef. Verord. v. 17. April 1888, 
das Verwaltungsstreitverfahren nach dem Bau-Unfallverficherungsgesetze betr., v. 25. Juni 1888, 
die Ausführung der Unfall- und Krankenverficherung betr., v. 27. Sept. 1889, die Erwerbs= und 
Wirthschaftsgenossenschaften betr. (auf Grund d. betr. R.G.); angel. Ges. v. 18. Juni 1892, die Be- 
steuerung für allgemeine kirchliche Bedürfnisse betr. 
2) D. h. die — vom Richter zu beurtheilende — rechtliche Natur desjenigen Rechtsverhält- 
nisses, welches aus den Thatsachen sich ergiebt, deren Vorliegen der Kläger behauptet. 
3) Angef. Ges. v. 24. Febr. 1880, Art. 9. 
 
	        
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