Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

8 62. Die Gemeinden. 147 
des Verlustes der bürgerlichen Ehrenrechte, des Befindens im Konkurs und des aktiven 
Militärdienstverhältnisses?. 
Uebergangsweise gelten Diejenigen, welche zur Zeit der Einführung der Städteord- 
nung in einer derselben unterstehenden Stadt das Vollbürgerrecht bereits besaßen, in der- 
selben als Stadtbürger, sobald und so lange sie daselbst wohnen?). 
Außer der aus dem Vorstehenden ersichtlichen allgemeinen Gruppirung der Gemeinden 
in die drei großen Kategorien kennt die Gesetzgebung noch Unterscheidungen nach einzelnen 
besonderen Richtungen. Hiervon sind folgende die wichtigsten: 
a) Zwischen einfachen und zusammengesetzten Gemeinden. 
Die ersteren bestehen nur aus einer, die letzteren aus mehreren Ortschaften. Bei 
diesen besteht neben der Verwaltung der Sammtgemeinde eine solche für die Verwaltung 
der Einzelorte ). 
b) Zwischen Gemeinden von über 4000 Einwohnern und solchen von geringerer 
Einwohnerzahl. Den ersteren steht ein größeres Maß der Selbständigkeit zu, als den 
letzteren. 
Die badischen Gemeindegesetze enthalten keine erschöpfende Bestimmung der Aufgabe 
der Gemeinde; sie bezeichnen ebensowenig die Grenze derjenigen Thätigkeit der Gemeinde, 
welche sich auf deren eigenes örtliches Leben bezieht, als diejenige, bis zu welcher die Gemeinde 
oder ihre Organe für die rein staatlichen Aufgaben in Anspruch genommen werden dürfen. 
In letzterer Beziehung besteht eine gesetzliche Grenze überhaupt nicht; die Bestimmung der 
Aufgabe der Gemeinde aber hat das Gemeindegesetz der Einzelgesetzgebung auf den verschiedenen 
Verwaltungsgebieten überlassen. Nur einzelne Hinweisungen auf diese Aufgabe, so bezüglich 
der Führung der Grund= und Pandbücher und der Verwaltung der Ortspolizei, enthält auch 
das Gemeindegesetz. 
Die Besorgung der „auf den Gemeindeverband sich beziehenden Angelegenheiten“, 
d. h. derjenigen Angelegenheiten, welche sich auf den eigenen örtlichen Lebenskreis der Ge- 
meinde beziehen, ist vom Gesetz als ein Recht der Gemeinde anerkannt, ebenso die Selb- 
ständigkeit der Gemeinde in Verwaltung ihres Vermögens. 
Um die Geldmittel zur Erfüllung ihrer Aufgabe, soweit sie nicht aus dem Gemeinde- 
vermögen selbst fließen, zu beschaffen, steht der Gemeinde ein, mit öffentlichem Zwangs- 
recht verbundenes, Recht der Besteuerung der innerhalb ihrer Gemarkung vorhandenen, 
der staatlichen Besteuerung unterliegenden, Steuerkapitalien zu. 
Das Recht der Selbstgesetzgebung (Autonomie) der Gemeinden ist nicht grund- 
sätzlich, sondern nur in besonders bezeichneten Beziehungen anerkannt, namentlich für die 
Städte der Städteordnung. 
Der Selbständigkeit der Gemeinden steht die Staatsaufsicht gegenüber; sie erstreckt 
sich im Wesentlichen darauf, daß die gesetzlichen Schranken der den Gemeinden zustehenden 
Befugnisse nicht überschritten, die den Gemeinden gesetzlich obliegenden öffentlichen Ver- 
pflichtungen erfüllt, und die Vorschriften über die Geschäftsführung beobachtet werden. 
Als Mittel zur Handhabung der Staatsaufsicht stehen der Staatsverwaltungsbehörde 
das Recht zur Kenntnißnahme von der Thätigkeit der Gemeindebehörden zu, das Recht, 
gewisse Beschlüsse der Gemeindebehörden zu genehmigen oder nicht, gesetzwidrige Beschlüsse 
derselben außer Kraft zu setzen, die Gemeinden, nöthigenfalls durch eigene Anordnung, zur 
Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Verbindlichkeiten anzuhalten, gegen die Gemeindebeamten 
durch Ordnungsstrafen und selbst dienstpolizeilich bis zur Absetzung einzuschreiten"). Zum 
Schutze gegen mißbräuchliche Anwendung dieser Staatsaufsichtsrechte ist den Gemeinden, 
1) St.O. 8§ 70—7e. 2) Das. § 7a. 
3) G.O. 8§ 161—171; B.N.G. 88 64—69. 4) G.O. u. St. O. 8§ 23—28, 172—172e. 
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