Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

158 Dritter Abschnitt: Die Kommunalverbände, öffentl. Korporationen u. Stiftungen 8686. 
Anträge auf Genehmigung des Gesuchs sind von dem zuständigen Ministerium im 
Benehmen mit dem Ministerium des Innern dem Staatsministerium vorzulegen. 
Durch die landesherrliche Genehmigung erlangt die Körperschaft einerseits die juristische 
Persönlichkeit in bürgerlichrechtlicher Beziehung, anderseits wird sie dadurch einer gewissen 
Einwirkung der Staatsverwaltungsbehörde in Beziehung auf ihre Geschäftsgebahrung im 
Allgemeinen, die Verwendung ihres Vermögens und ihre etwaige Umgestaltung unterworfen. 
Insbesondere muß zu jeder Aenderung des Statuts, zur Auflösung der Körper- 
schaft und zu Beschlüssen über die Verwendung des Vereinsvermögens im Falle der Auf- 
lösung Genehmigung des zuskändigen Ministeriums eingeholt werden. Auch hat sie 
gewisse Vorlagen bezüglich ihres Rechnungswesens und des Mitgliederbestandes zu machen. 
Zur Annahme von Schenkungen und Vermächtnissen bedarf sie, wie andere juristische 
Personen, der Staatsgenehmigung, die jedoch bei Schenkungen bis zu einschließlich 500 Mk. 
auf die Vorlage des Rechnungsauszugs ertheilt wird. 
Gewissen Gattungen von Vereinigungen sind durch die einschlägigen besonderen Ge- 
setze die Rechte von öffentlichen Körperschaften beigelegt, so den Kirchen, den auf Grund 
des Wassergesetzes gebildeten Genossenschaften zur Benützung oder zur Instandhaltung und 
Korrektion von Gewässern, den Fischereigenossenschaften, den Ortsviehversicherungsanstalten 
und dem Landesviehversicherungsverbande. 
§ 66. V. Die Stiftungen. Die Rechtsverhältnisse und die Verwaltung der Stif- 
tungen sind durch das Gesetz vom 5. Mai 1870 1) geordnet. 
1. „Stiftungen“ sind diejenigen Inbegriffe von Vermögensrechten, welche, weil sie 
einen dauernden öffentlichen Zweck verfolgen, durch die sie genehmigende Entschließung 
der Staatsregierung mit selbständiger Rechtssubjektivität (juristische Persönlichkeit) aus- 
gestattet worden sind. 1 
Eine Stiftung entsteht hiernach nur durch die staatliche Genehmigung des auf ihre 
Gründung gerichteten privatrechtlichen Aktes. 
Der gleichen Genehmigung bedürfen und sind in ihrer rechtlichen Wirksamkeit be- 
dingt alle Schenkungen oder letztwilligen Verfügungen zu Gunsten schon bestehender Stif- 
tungen oder anderer juristischer Personen. 
2. Je nach dem Zweck ist eine Stiftung kirchlich, weltlich oder oder gemischt. Die 
Verwaltung aller Stiftungen aber unterliegt der Oberaufsicht der Staatsbehörden. 
Von den Stiftungen, welche bei der Verkündung des Stiftungsgesetzes vorhanden 
waren, gelten als kirchliche: 
a) diejenigen, deren Vermögen zur Befriedigung kirchlicher Bedürfnisse einer Reli- 
gionsgemeinschaft bestimmt ist; 
b) die Stiftungen zum Vortheile von Bildungsanstalten, welche nach Maßgabe der 
Gesetze von den Kirchen errichtet wurden; 
Zc) diejenigen Stiftungen, namentlich auch die zur Armenunterstützung oder Kranken- 
pflege bestimmten, welche durch die Verordnung vom 20. Nov. 1861 855 lik. a bezw. die 
Verordnung vom 28. Febr. 1862 8 6 lit. a allgemein als kirchliche anerkannt worden sind); 
d) diejenigen Stiftungen, welche vor der Verkündung des Stiftungsgesetzes durch Ver- 
1) G. u. V. Bl. Nr. XXXIII, S. 398. » 
2) Ueber diese Verordnungen s. u. bei der Darstellung der Verhältnisse der Kirchen. Im 
uetigt find Stiftungen, welche für die Armenunterstützung oder Krankenpflege gemacht worden sind, 
weltliche. 
Die Staatsregierung war jedoch durch Stift. Ges. S 43 ermächtigt, solche zur Zeit der Ver- 
kündigung dieses Gesetzes im Besitze von kirchlichen Organen vorhandenen Stiftungen für Armen- 
und Krankenpflege, welche sich bei näherer Prüfung ebenso wie die oben erwähnten, ausnahmsweise 
als kirchliche darstellten, innerhalb Jahresfrist als solche anzuerkennen.
	        
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