2 Erster Abschnitt: Einleitung. § 1.
erlangen — theils Markgrafen von Hachberg, theils, seit Hermann II. von seiner Mutter die
Herrschaft Baden im Ufgau (Grafschaft Forchheim) ererbt hatte, Markgrafen von Baden. Die-
ses Haus theilte sich in der Folge in eine ältere, die Badische, und in eine jüngere, die Hach-
bergische, Linie, welch' letztere 1503 erlosch, Die erstere vermehrte ihre Besitzungen so ansehn-
lich, daß sie sich am Schlusse des 14. Jahrhunderts als ein zusammenhängendes Fürstenthum
von Graben bis an die Acher und vom Rhein bis theils auf die Höhe des Gebirges, theils
über dieselbe an die Enz und Nagold erstreckten.
Bernhard I., der Große (1 1431), welcher auch die Herrschaft Sponheim (gemeinschaft-
lich mit Friedrich von Veldenz) erwarb, theilte zwar das Land mit seinem Bruder Rudolf VII.
durch den Heidelberger Vertrag, welcher zugleich festsetzte, daß die Markgrafschaft nie anders
als zwischen zwei Erben männlichen Geschlechts getheilt, und kein Theil veräußert werden solle.
Nach Rudolfs VII. Tod vereinigte er jedoch wieder die ganze Markgrafschaft. Christoph I. er-
warb in Folge eines 1490 mit dem letzten Hochberger Markgrafen abgeschlossenen Erbvertrages
i. J. 1503 den Rest der Hochberger Lande, außerdem von Kaiser Maximilian I. die Herrschaft
Rodemachern und Reichersberg im Luxemburg'schen. Nach seinem 1527 erfolgten Tode theilten
zwei seiner Söhne die Länder: Bernhard III. erhielt die obere Markgrafschaft und die Luxem-
burg'schen und Sponheim'schen Lande, Ernst I. die untere Markgrafschaft mit Durlach und
Pforzheim und die Hochberg'schen Lande. Der Erstere führte in den badischen Landen die Re-
foFrmation ein, jedoch wurde in der Folge die Herrschaft des katholischen Glaubensbekenntnisses
daselbst wieder hergestellt. Die Baden--Badische Linie, welche sich vorübergehend in die von
Baden und jene von Rodemachern getheilt hatte und unter ihren Fürsten den berühmten Heer-
führer Markgrafen Ludwig Wilhelm (# 1707) zählte, erlosch 1771. In den Ländern der Baden-
Durlach'schen Linie führte Karl II. (I 1577).die Reformation nach dem Augsburgischen Bekennt-
niß durch; er verlegte die Residenz von Pforzheim nach Durlach. Die Schrecknisse der Kriege
des 17. Jahrhunderts trafen auch diese badischen Lande auf's Härteste; wiederholt waren die
Fürsten desselben genöthigt, das Land zu verlassen. Ein desto größerer Segen war für diese
Lande, mit welchen am 21. Oktober 1771 nach dem Tode des Markgrafen August Georg in
Folge Erbvertrags von 1765 auch die Baden-Badischen vereinigt wurden, die lange weise Re-
gierung Karl Friedrich's (Enkels Karl Wilhelm's, des Erbauers von Karlsruhe), von 1738
(mündig seit 1750) bis 1811. Nachdem ihm durch den Reichsdeputations-Hauptschluß die Kur-
fürstenwürde verliehen worden war, nahm Karl Friedrich bei der Gründung des Rheinbundes
1806 mit der Erlangung der völlig unbeschränkten Souveränetät den Titel „Großherzog von
Baden“ mit dem Prädikat „Königliche Hoheit“ an. Aufhebung der Leibeigenschaft, Abschaffung
der Tortur, Schutz der Gewissensfreiheit, Sicherung des Eigenthums, Einführung eines neuen
bürgerlichen Gesetzbuches, Reorganisation des Schulwesens, Förderung des Volkswohlstandes
sind im Innern die Marksteine seiner Regierung.
Unter seinem Enkel und Regierungsnachfolger Karl trat am 26. Juli 1815 das Groß-
herzogthum dem durch die Deutsche Bundesakte vom 8. Juni 1815 neu gegründeten Deutschen
Bunde bei und erhielt dasselbe unterm 22. August 1818 die im Wesentlichen jetzt noch geltende
Verfassung. Dessen Regierungsnachfolger, Großherzog Ludwig, erlangte neuerdings die völker-
rechtliche Anerkennung des Bestandes des Großherzogthums und der Erbfolge in demselben
durch den sog. Frankfurter Territorial-Receß vom 20. Juli 1819 und den demselben beigegebe-
nen Staatsvertrag vom 10. Juli 1819. Unter Großherzog Leopold's segensreicher Regierung
(1830 bis 1852) trat das Großherzogthum am 1. Januar 1836 dem 1834 gegründeten deutschen
Zollvereine bei; unter Großherzog Friedrich's nicht minder segenvoller Regierung ward es,
nach der im Jahre 1866 erfolgten Auflösung des Deutschen Bundes, durch den Versailler Ver-
trag vom 15. November 1870 Glied des neu erstandenen Deutschen Reiches.
Zur Zeit, als Karl Friedrich die beiden badischen Markgrafschaften in seiner Hand
vereinigte, waren dieselben reichsunmittelbare, dem schwäbischen Kreise zugetheilte Bestandtheile
des Deutschen Reiches (des „Römischen Reiches deutscher Nation"). Im Fürstenrathe führte
Baden drei Stimmen (für Baden--Baden, Baden-Durlach und Hochberg).
Die Staatsform war die der absoluten Monarchie, nur beschränkt durch das Verhältniß zu
Kaiser und Reich. Die Einrichtung von Landtagen war schon seit der zweiten Hälfte des 17. Jahr-
hunderts in Abgang gekommen .
Durch die Auflösung des alten Deutschen Reiches erlangte der badische Staat und dessen
Fürst die volle Souveränetät, theilweise allerdings gebunden durch internationale Verträge, ins-
1) F. von Weech, die badischen Landtagsabschiede 1554—1668, Karlsruhe, 1877.