Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

870. Verordnung. 167 
Verordnungen, im Allgemeinen, können entweder von dem Großherzog unmittelbar 
erlassen werden (landesherrliche Verordnungen) oder von den Ministerien, in deren Ge- 
schäftskreis der zu regelnde Gegenstand gehört 1). Darüber, wann das Eine, wann das 
Andere einzutreten habe, besteht keine Bestimmung. Nach allgemeinen Grundsätzen eignen 
sich solche Rechtsverordnungen, welche Ausflüsse desjenigen Theiles der Gesetzgebung sind, 
in welchem der Großherzog nicht an die Zustimmung der Stände gebunden ist, nur zur 
Erlassung durch unmittelbare landesherrliche Entschließung oder wenigstens Ermächtigung. 
Ueber die Verkündung der Verordnungen gilt das Nämliche, was oben von der Ver- 
kündung der Gesetze gesagt ist?). 
Endlich können für bestimmte im Gesetze oder in gesetzmäßig erlassenen Verordnungen 
bezeichnete Verhältnisse Rechtsnormen auch im Wege der örtlich oder persönlich beschränkten 
(statutarischen) Vorschrift erlassen werden. 
Hier sind drei Klassen solcher Vorschriften zu unterscheiden. 
Einmal die auf Grund des Pol. Str.G. B. (bezw. des von den Uebertretungen handeln- 
den Titels des R. Str.G. oder von Spezialgesetzen) zu erlassenden bezirks= und orts- 
polizeilichen Vorschriften; bezirkspolizeiliche Vorschriften können für das Gebiet des 
Amtsbezirks oder eine Mehrzahl von Gemeinden durch das Bezirksamt, ortspolizeiliche Vor- 
schriften für eine Ortschaft oder eine Gemeindegemarkung durch die Ortspolizeibehörde, in 
der Regel den Bürgermeister, erlassen werden. Enthalten sie eine fortdauernd geltende An- 
ordnung, so bedürfen bezirkspolizeiliche Vorschriften der Zustimmung des Bezirksrathes, 
ortspolizeiliche Vorschriften der Zustimmung des Gemeinderathes; nur ausnahmsweise aus 
dringenden Gründen des öffentlichen Interesses können auch durch den Landesherru oder die 
Ministerien orts= oder bezirkspolizeiliche Vorschriften erlassen werden :). Diese örtlich be- 
schränkten Vorschriften sind zum Zwecke ihrer Wirksamkeit in dem Bezirke, für den sie gelten 
sollen, in der Regel durch Einrückung in's Amtsblatt gehörig bekannt zu machen 1). Nur so 
weit im Pol. Str.G.B. oder in anderen Gesetzen für bestimmte Verhältnisse die Möglichkeit 
der orts= oder bezirkspolizeilichen Regelung ausdrücklich vorgesehen ist, sind derartige Vor- 
schriften rechtlich zulässig; soweit aber die Regelung einer Materie ausschließlich auf diesen 
Weg gewiesen worden, ist die Erlassung von Verordnungen, abgesehen vom Ausnahmsfalle 
des dringenden öffentlichen Interesses, für das betreffende Gebiet ausgeschlossen. Alle orts- 
und bezirkspolizeilichen Vorschriften sind der höheren Verwaltungsbehörde, dem Landes- 
kommissär, vorzulegen, und sie treten erst in Wirksamkeit, wenn letzterer sie für vollziehbar 
erklärt oder es während 30 Tagen unterlassen hat, dagegen Einwendungen zu erheben?). 
Eine zweite Art der statutarischen Vorschriften sind die von kommunalen oder 
sonstigen öffentlichen Gemeinschaften erlassenen autonomen Festsetzungen. 
Namentlich ist nach der Städteordnung und nach der deutschen Gewerbeordnung und den 
Reichsversicherungsgesetzen den Gemeinden die Befugniß eingeräumt, für gewisse Materien 
Rechtsnormen im Wege des Ortsstatuts zu erlassen, so z. B. für die Städte hinsichtlich der 
zur Unterstützung des Stadtraths einzusetzenden städtischen Kommissionen, hinsichtlich der 
Anstellung von städtischen Beamten, für alle Gemeinden nach der Gewerbeordnung hinsicht- 
lich der Zulassung von schädlichen Gewerbsanlagen in bestimmten Ortstheilen, hinsichtlich 
der Verpflichtung der Gesellen, Gehilfen und Lehrlinge zum Besuche einer gewerblichen Fort- 
setze), erläßt die zu deren Vollzug und Handhabung erforderlichen — die aus dem Aufsichts= und 
Verwaltungsrecht abfließenden — und alle für die Sicherheit des Staats nöthigen Verfügungen, 
Reglements und allgemeinen Verordnungen. 
1) Pol. Str. G. B. § 23, Ziff. 4. 2) Pol. Str. G. B. 8 27. 
3) Pol. Str.G. B. § 23, Ziff. 1—3. 4) Dafs. 827. 
5) Das. § 26.
	        
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