8 78. Das staatliche Zwangsrecht über das Vermögen. 181
derselben Seitens des Eigenthümers durch beliebige sonst unnöthige Aenderungen erhöht
werde, ist während einer bestimmten Zeit die Verfügungsgewalt desselben gewissen Be-
schränkungen unterworfen?.
Die Feststellung der Entschädigung kann geschehen entweder durch Uebereinkommen
zwischen der die Abtretung begehrenden Verwaltungsbehörde und den Betheiligten oder durch
Urtheil des bürgerlichen Richters.
Findet die Verwaltungsbehörde nicht angemessen, eine Uebereinkunft mit den Be-
theiligten über die Entschädigung zu versuchen, oder kommt eine solche nicht zu Stande, so
wendet sich dieselbe, um die Festsetzung durch richterliches Urtheil herbeizuführen, mit einer
Klage an das Untergericht, in dessen Bezirk das abzutretende Gut oder der größere Theil
desselben gelegen ist. Der Klagantrag ist darauf gerichtet, den oder die betheiligten Eigen-
thümer oder sonst Berechtigten zur Abtretung um die von der Verwaltung gebotene Summe
für schuldig zu erklären.
Das Verfahren richtet sich, mit einigen besonderen, die Beschleunigung der Sache
bezweckenden Vorschriften, nach den Bestimmungen der bürgerlichen Prozeßordnung und hat
seinen Schwerpunkt in einer durch Augenschein unterstützten Schätzung Seitens Sachver-
ständiger.
Auch einstweilige richterliche Ermächtigung der Verwaltungsbehörde zur Inbesitz-
nahme des Gutes ist zulässig?).
In Fällen, wo die Verwaltungsbehörde zum Behuf eines öffentlichen Unternehmens
eine Berechtigung unentgeltlich aufzuheben oder zu beschränken beabsichtigt, indem sie dem
Inhaber wegen des Entstehungstitels oder aus andern Gründen ein Recht auf Entschädi-
gung nicht zugesteht, oder wo sie zu gleichem Zweck ein Gut verwenden will, welches ihr
bestritten wird, ist der Streit hierüber vor der zuständigen Behörde in besonderem Wege
zuerst auszutragen, ehe das Verfahren über die Verbindlichkeit zur Abtretung und die Ent-
schädigung eingeleitet wird .
IV. Von den Kosten trägt die Verwaltungsbehörde in allen Fällen jene des Ver-
fahrens über die Verbindlichkeit zur Abtretung, der Klage und einer etwaigen einstweiligen
Verfügung. Im Uebrigen gelten die allgemeinen Grundsätze über die Kostentragung in bür-
gerlichen Rechtsstreitigkeiten .
B. Insbesondere. 1. Für die zur Erbauung der Staats-Eisenbahnen erforder-
lichen Abtretungen ist durch Gesetze vom 29. März 1838') und vom 7. Mai 1858°) ein
abgekürztes Verfahren zur Feststellung der Abtretungsverbindlichkeit vorgeschrieben worden.
Die Hauptabweichung von dem ordentlichen besteht darin, daß an die Stelle der Auf-
legung eines Planes die Aussteckung der Bahnlinie in Natur tritt und das Staatsmini-
sterium die Abtretungsverbindlichkeit nur mittelbar und allgemein für alle in die Bahn-
linie fallenden Grundstücke, Dienstbarkeiten 2c. dadurch ausspricht, daß es die Richtung der
Bahn fest bestimmt und da, wo eine Abweichung von der zuerst bezeichneten Bahnlinie be-
schlossen wird, dieses ausdrücklich erwähnt.
Durch eine Anzahl von späteren Einzel-Gesetzen ist dieses Verfahren auch auf die
Abtretungen zum Zwecke von Eisenbahnen, welche mit staatlicher Konzession durch Privat-
unternehmer gebaut werden, für anwendbar erklärt worden.
2. Auf diejenigen Erwerbungen, welche einer Gemeinde zur Anlage von Orts-
straßen oder Plätzen nach Maßgabe des festgesetzten Bauplanes nothwendig sind, findet,
1) Daf. 86 37, 38. 2) Das. 8§ 40—76.
3) Das. 4) Das. 88 88—91.
5) Reg. . * XIV, S. 123. 6) Reg. Bl. Nr. XIX, S. 188.