188 Fünfter Abschnitt: Das Finanzrecht des Staates. II. Kapitel. 8 82.
licher Ausgaben — vorbehaltlich des Ersatzes — zu entnehmen sind, bestimmt der Staats-
haushaltsetat. »
Wenn die disponibeln Mittel der Amortisationskasse periodisch nicht zur Schulden
tilgung verwendet werden können, oder deren Verwendung zu diesem Zweck im Interesse
des Staatskredits nicht für räthlich erachtet wird, so kann dieselbe von dem Finanzmini-
sterium ermächtigt werden, solche nutzbringend anzulegen, jedoch nur durch den Ankauf ihrer
eigenen Papiere, oder durch Darlehen gegen vollkommene Sicherheit gewährende Deckung.
Die Frage, ob im einzelnen Falle die Deckung vollkommene Sicherheit gewähre, unter-
liegt der kollegialischen Entscheidung des Finanzministeriums.
Die Amortisationskasse wird verwaltet durch einen Direktor und die erforderlichen
Kassenbeamten; sie steht ausschließlich unter der Aufsicht und Leitung des Finanzministeriums
und darf ohne dessen Autorisation auf keine Anweisung, woher sie auch kommen mag,
irgend eine Zahlung leisten.
Der Direktor ist verpflichtet, gegen Weisungen, welche nach seiner Ueberzeugung mit
dem Gesetze über die Kasse nicht vereinbarlich oder ihrem Interesse nachtheilig sind, dem
Finanzministerium Vorstellung zu machen und, wenn er sich bei der hierauf ergehenden
Verfügung nicht beruhigen zu können glaubt, seine Bedenken zur Kenntniß des Staats-
ministeriums zu bringen.
Die Abhör der Rechnungen der Amortisationskasse und die Ertheilung des Rech-
nungsbescheides geschieht durch die Oberrechnungskammer.
Rechnung und Bilanz mit allen Beilagen sind jeweils dem landständischen Ausschuß
zur Untersuchung und Prüfung vorzulegen. S. 43.
Die Eisenbahnschuldentilgungskasse, bestimmt zur ausschließlichen Aufnahme
der für den Eisenbahnbau nöthigen Kapitalien und zur Ablieferung der erforderlichen Bau-
mittel an die Baukasse, sodann zur Verzinsung und allmählichen Rückzahlung der auf-
genommenen Kapitalien, wird, jedoch als besondere Kasse, von den Beamten der Amorti-
sationskasse unter der ausschließlichen Aufsicht und Leitung des Finanzministeriums verwaltet.
Als ständige Dotation für Zinsen, Tilgungsfonds und Verwaltungskosten ist ihr,
abgesehen vom badischen Antheil am Reinertrag der Reichs-Post= und Telegraphenver--
waltung, der Reinertrag der Eisenbahnbetriebs-Verwaltung zugewiesen. Soweit diese ständige
Dotation nicht zureicht, soll das Budget jeweils den erforderlichen Zuschuß aus der Staats-
kasse bestimmen.
Im Uebrigen gelten für diese Kasse die nämlichen Rechtsgrundsätze, wie für die
Amortisationskasse ½.
II. Kapitel.
Die Staatsabgaben.
§ 83. I. Allgemeine Uebersicht2). Da die aus privatrechtlichen Titeln fließenden Ein-
künfte des Staates zur Deckung seiner Ausgaben nicht zureichen, so ist er genöthigt und
berechtigt, zu diesem Zwecke Beiträge von den Staatsangehörigen und sonstigen Besitzern
1) Seit 1874 ist die allgemeine Staatsschuld vollständig getilgt, abgesehen von dem unver-
zinslichen Guthaben des Domänengrundstockes an den Staat für Schuldentilgung; die Amortisations=
kasse hat dadurch den größten Theil ihrer ursprünglichen Bedeutung verloren. Um so mehr ist mit
dem Anwachsen der Eisenbahnschuld (auf 1. Jan. 1894 rund 291 Millionen) jene der Eisenbahn-
schuldentilgungskasse gestiegen. Der Staatszuschuß an fie betrug für 1892/93 jährl. 3 750 000 M.,
für 1894195 jährl. 2 750 000 M.
2) Ueber die Geschichte des badischen Abgabenwesens s. Regenauer S. 397 ff.; das Groß-
herzogthum Baden, S. 736ff.