Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

196 Fünfter Abschnitt: Das Finanzrecht des Staates. II. Kapitel. 8 66. 
Dabei kommen Betriebskapitalien unter 700 M. nicht in Betracht und höhere Be- 
triebskapitalien werden abgerundet. 
Bei Assekuranzunternehmungen wird das Betriebskapital der Bruttoeinnahme an 
Prämien gleichgestellt, welche für Versicherungen im Lande nach mittlerem Stande jährlich 
bezogen wird!). 
Besondere Bestimmungen bestehen für die Veranlagung der Besitzer von Wander- 
lagern und von Personen, welche im Großherzogthum eine gewerbliche Niederlassung, einen 
Geschäftssitz, einen Wohnsitz oder einen ansässigen Geschäftsführer nicht haben?. 
Steuerpflichtig ist der Unternehmer, Einzelperson oder Firma. 
Für die Zahlung der Steuer und etwaiger darauf bezüglicher Strafen haften je- 
doch als Selbstschuldner der bestellte Geschäftsführer, Faktor, Verwalter oder sonstige Ge- 
schäftsvertreter, bei Gesellschaften jeder im Geschäft mitarbeitende Theilhaber; bei auslän- 
dischen Versicherungsgesellschaften, welche, ohne einen Hauptagenten im Großherzogthum zu 
besitzen, daselbst Geschäfte treiben, kann die Steuerverwaltung auch einen ansässigen Unter- 
agenten als haftbaren Vertreter behandeln ). 
Die neue Steuerpflicht eines Gewerbsteuerpflichtigen beginnt, abgesehen von den Ge- 
werbtreibenden im Umherziehen r2c. in jedem Steuerdistrikt (Gemarkung) stets mit dem ersten 
Tag des auf den Anfang eines in dem betr. Distrikt steuerbaren Geschäftsbetriebs folgen- 
den Kalendermonats und endigt mit dem letzten Tage desjenigen Kalendermonats, in wel- 
chem der steuerbare Gewerbebetrieb aufhört. 
Aenderungen in dem Betriebskapital — je nach dem Stande vom 1. April — be- 
wirken Erhöhung oder Verminderung der Besteuerung, und zwar je nach ihrer Größe mit 
Wirkung vom Anfang des auf den bezüglichen 1. April folgenden Kalenderjahres oder 
schon vom Anfang des Monats an, seit dessen erstem Tag die Aenderung dauert!). 
Jede gewerbliche Unternehmung ist örtlich in demjenigen Steuerdistrikt (Gemarkung) 
zu veranlagen, in welchem sie betrieben wird. Wer eine und dieselbe gewerbliche Unter- 
nehmung in mehreren Steuerdistrikten (Gemarkungen) betreibt, ist, sofern in den einzelnen 
Gemarkungen eine besondere Geschäftsleitung besteht, in jeder derselben nach Verhältniß 
des Geschäftsumfangs, andernfalls d. h. bei einheitlicher Geschäftsleitung nur in einer Ge- 
markung — die je nach Verschiedenheit der Verhältnisse sich bestimmt — zu veranlagen?). 
Die steuerliche Veranlagung geschieht durch den Schatzungsrath (s. u.). 
Zu diesem Zweck haben die Gewerbeunternehmer, welche in einem Steuerdistrikt erst- 
mals bezw. erstmals wieder gewerbsteuerpflichtig geworden sind, bei dem auf den Beginn 
ihrer Steuerpflicht in dem betreffenden Steuerdistrikte nächstfolgenden Steuer-Ab= und Zu- 
schreiben vor dem Steuerkommissär oder dem Schatzungsrathe die zur Veranlagung noth- 
wendigen Angaben nach bestimmtem Formulare oder mündlich zu machen. 
Ebenso hat alljährlich die Anmeldung der Hilfspersonen und ihrer Bezüge, ferner 
bei dem gleichen Anlaß die Anmeldung der Betriebskapitalvermehrungen, die Einreichung 
der Gesuche um Minderung der Steueranlage und um Entfernung aus dem Kataster zu 
erfolgen. 
Der Schatzungsrath hat über diese Vorlagen zu beschließen, insbesondere den mitt- 
leren Werth der steuerpflichtigen Betriebskapitalien zu bestimmen. Hierbei haben ihm die 
Angaben der Pflichtigen, soweit er sie für richtig erkennt, als Grundlage zu dienen . 
Der Schatzungsrath ist befugt, abgesehen von den bereits vorgeschriebenen Anzeigen 
und Anmeldungen, noch weitere sachdienliche Aufschlüsse zu verlangen. 
1) Das. Art. 7—8. 2) Das. Art. 14, 17. 
3) Das. Art. 18, 19. 4) Das. Art. 15, 16. 
5) Das. Art. 17. 6) Das. Art. 20—88.
	        
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