204 Fünfter Abschnitt: Das Finanzrecht des Staates. II. Kapitel. § 91.
Verhältnisse, sodann die Aufstellung der Kataster und der hierauf sich gründenden Steuer-
register geschieht regelmäßig in jedem Steuerbezirk durch den hierfür ständig bestellten Be-
amten, den Steuerkommissär. Er hat das jährliche Steuer-Ab= und Zuschreiben vorzu-
nehmen.
Zur Würdigung der hierbei in Betracht kommenden thatsächlichen Verhältnisse, nament-
lich der Angaben und Beschwerden der Steuerpflichtigen, besteht in jeder Gemeinde ein
Schatzungsrath.
Er wird aus dem Bürgermeister oder dessen Stellvertreter und je nach der Seelen-
zahl der Gemeinden aus 3—12 Mitgliedern aus der Zahl der zu den direkten Steuern
veranlagten Ortseinwohnern gebildet. Auf übereinstimmenden Antrag des Gemeinderaths
und des Steuerkommissärs kann jedoch der Bezirksrath eine Bermehrung der Zahl der Mit-
glieder des Schatzungsrathes um zwei weitere Mitglieder beschließen. Die Mitgliedschaft ist
ein Ehrenamt. Die Mitglieder werden nach Vernehmung des Gemeinderaths und des Steuer-
kommissärs durch den Bezirksrath ernannt und vom Bezirksamt auf gewissenhafte Besor-
gung ihrer Dienstverrichtungen handgelübdlich verpflichtet.
Dem Schatzungsrath liegt gemeinschaftlich mit dem Steuerkommissär die Sorge für
möglichst vollständige und genaue Aufstellung der Kataster ob. Er ist befugt, die Bethei-
ligten persönlich zu vernehmen, Sachkundige zu hören. Seine Beschlüsse werden mit Stimmen-
mehrheit gefaßt. Gegen seine Entscheidungen steht sowohl dem Steuerpflichtigen als dem
Steuerkommissär die Berufung an die Steuerdirektion binnen bestimmter Frist zu, dem
Steuerpflichtigen ferner gegen die Entschließung dieser Behörde die Oberberufung an das
Finanzministerium und die Klage bei dem Verwaltungsgerichtshof, wobei ihm der Beweis
obliegt, daß er beschwert ist.
Der Schatzungsrath ist verpflichtet, Alles, was ihm beim Vollzuge seines Auftrages
über Gewerbs-, Erwerbs-, Einkommens= und Vermögensverhältnisse der Steuerpflichtigen
zur Kenntniß kommt, geheim zu halten.
Zur Prüfung und Beurkundung aller auf das Kataster der Grund= und Häuser-
steuer bezüglichen thatsächlichen Verhältnisse, dann zur Mitwirkung in der dem Steuer-
peräquator obliegenden Ueberwachung der Gemeindesteuerregistratur besteht ein Schatzungs=
ausschuß.
b) Die indirekten Steuern.
§91. 1. Die Weinsteuer 1). Der Weinsteuer unterliegt der Verbrauch von Wein
(Traubenwein, Traubenmost, Obstwein, Obstmost). Getränke von weinartigem Aussehen
und Geschmack, sowie alle Getränke, welche unter der Bezeichnung Wein zum Verkauf ge-
langen, werden wie Wein behandelt.
Dies gilt auch vom Kunstwein soweit auf ihn nicht die Bestimmungen über die
Besteuerung der Kunstweinfabrikation Anwendung finden, also sobald er aus den Händen
des Fabrikanten geht oder gegangen ist.
Die Weinsteuer ist, abgesehen von den gesetzlichen Befreiungen, von jeder innerhalb
des Großherzogthums stattfindenden Einlage von Wein zu entrichten. Als solche gilt die
Verbringung in ein Gebäude oder einen sonst umschlossenen Raum, Verbringung an die
1) Ges. v. 19. Mai 1882, die Weinsteuer betr., G. u. V. Bl. Nr. XVI, S. 137, abg. durch d.
Eink. St.Ges. u. Ges. v. 27. Juli 1888, G. u. V. Bl. Nr. XXXII,. S. 377, u. v. 7. Juni 1892, Glru.
V. Bl. Nr. V, S. 271; Vollz. Verord. d. Fin. Min. v. 26. Okt. 1882, G. u. V. Bl. Nr. XXXIII,
S. 321, 2. März 1887, G. u. V. Bl. Nr. VI, S. 78, 19. April 1888, G. u. V. Bl. Nr. XIII, S. 222,
30. Juli 1888, G. u. V. Bl. Nr. XXXII, S. 378; 7. Juni 1892, G. u. V. Bl. Nr. XV, S. 273. Ges.
v. 27. Juni 1892, die Besteuerung der Kunstweinfabrikation betr., G. u. V. Bl. Nr. XVIII, S. 293;
u. v. 21. Juni 1894, G. u. V. Bl. Nr. XXXIII, S. 293; Vollz.Verord. d. Fin. Min. v. 27. Juni
1892, G. u. V. Bl. Nr. XVIII, S. 300, u. v. 20. Juli 1894, G. u. V. Bl. Nr. XXXVI, S. 357.