Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

206 Fünfter Abschnitt: Das Finanzrecht des Staates. II. Kapitel. 8 92. 
Rechten bezogene sog. Gefäll-, Leibgedings-, Kelterwein, desgleichen ausschließlich aus selbst- 
erzeugten Trauben 2c. bereiteter künstlicher Wein. 
Steuerfrei ist ferner die Einlage von Wein, welchen der Einleger als Haustrunk 
für seine eigene Haushaltung und zur Verabreichung an seine landwirthschaftlichen Hilfs- 
arbeiter selbst darstellt, vorausgesetzt, daß hierbei keine frischen Trauben verwendet werden 
und die Einlage nicht in einem Wirthschaftskeller erfolgt. 
Aus den allgemeinen Kontrolvorschriften ist hervorzuheben, daß jeder Weintransport, 
von den gesetzlich bezeichneten Ausnahmen abgesehen, von einer vorschriftsmäßigen Urkunde 
begleitet sein muß und die dabei gebrauchten Fässer, abgesehen vom Transport außer- 
deutscher Weine in den Originalgebinden mit deutscher Aiche versehen sein müssen. 
Ueber die Bestrafung von Hinterziehung der Weinsteuer und von Ordnungsversehen 
enthält das Gesetz eingehende Bestimmungen. Hiernach ist insbesondere die Hinterziehung 
mit der Strafe des Vierfachen, im ersten Rückfall des Achtfachen, im weiteren Rückfall des 
Zwölffachen der vorenthaltenen Steuer bedroht. 
Die Festsetzung der Steuersätze erfolgt jeweils durch das Staatshaushaltsgesetz . 
Besondere Bestimmungen gelten bezüglich der Fabrikation von Kunstwein. Die 
gewerbsmäßige Darstellung nämlich von Wein aus getrockneten Weinbeeren, Tresterwein, 
Hefenwein und sonstigem künstlichen Wein unterliegt — abgesehen von der zu entrichten- 
den Gewerbsteuer — der Besteuerung nach der Menge des hergestellten Fabrikates. Und 
zwar werden vom Hektoliter Kunstwein 6 Mk. Steuer erhoben. 
Als Kunstweindarstellung ist nicht zu betrachten der Verschnitt von Wein, die Keller- 
behandlung zur Haltbarmachung rc. von Wein, die Weinverbesserung und die Bereitung 
von Schaumwein. 
Wer Kunstwein gewerbsmäßig darstellen will, hat vor dem Beginn des Betriebs bei 
der Steuerbehörde einen Erlaubnißschein für Kunstweinfabrikation zu erwirken. In diesem 
Schein, der nur für die bestimmte Person gilt, sind die Betriebsräume einzeln zu bezeich- 
nen. Für denselben ist eine Gebühr von jährlich 50 Mk. zu entrichten. 
Nur in den in dem Schein bezeichneten Räumen darf Kunstwein hergestellt und dür- 
fen Rohstoffe dazu und Fabrikate gelagert werden. Anderseits ist aller Wein, der in die- 
selben verbracht oder darin hergestellt wird, als Kunstwein zu betrachten. Auf die Dar- 
stellung von Kunstwein in diesen Räumen sowie auf die sonstigen Weineinlagen daselbst 
findet die Bestimmungen des Weinsteuergesetzes über die Besteuerung der Einlagen von Wein 
keine Anwendung. 
Die Kunstweinfabriken stehen unter ständiger Aufsicht der Steuerverwaltung. 
Die Darstellung von Kunstwein in Wirthschafts-, Weinhandlungs= und Weinlager- 
kellern, ferner in allen Kellern und Räumen, aus denen Weintransporte in derartige Keller 
anders als auf offener Straße verbracht werden können, ist regelmäßig untersagt. 
Ueber die Bestrafung der Steuerhinterziehung, von Ordnungswidrigkeiten und über 
Exekutivstrafen enthält das Gesetz eingehende Vorschriften, großentheils jenen des Wein- 
steuergesetzes sich anschließend. 
In Bezug auf den Transport und die anderweitige Einlage des von Kunstwein- 
fabriken abgegebenen Kunstweines finden lediglich die Vorschriften des Weinsteuergesetzes 
Anwendung. 
§ 92. 2. Die Biersteuer. Biersteuer wird im Großherzogthum erhoben als Bier- 
accise und als Bierübergangssteuer. 
16l Zur Zeit (für 1894/95) find zu entrichten: 1. Accise: a) 3 Pf. vom Liter Traubenwein; 
b) 0,9 Pf. vom Liter Traubenwein; 2. Ohmgeld: a) 2 Pfg. vom Liter Traubenwein; b) 0,6 Pf. 
vom Liter Obstwein.
	        
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