208 Fünfter Abschnitt: Das Finanzrecht des Staates. II. Kapitel. § 94.
Vor der Schlachtung ist der Tag derselben unter Angabe des Schlachtgewichtes beie
der Ortssteuerbehörde anzumelden und die Steuer zu entrichten.
Die öffentlichen Schlachthäuser und Fleischbänke, sowie die Schlacht-, Verkaufs= und
sonstigen zur Aufbewahrung von Fleisch dienenden Räume der Metzger stehen unter Auf-
sicht der Steuerverwaltung.
Für ausgeschlachtetes Fleisch, welches frisch oder zubereitet in das Großherzogthum
eingeführt wird, ist die Steuer mit 8 Pf. vom Kilogramm zu entrichten. Würste und sonstige
Hackfleischwaaren sind der Besteuerung bei der Einfuhr nicht unterworfen. Steuerfrei ist
auch das unter Beachtung der vorgeschriebenen Kontrolen durchgeführte Fleisch.
Die Hinterziehung der Fleischsteuer, für deren Thatbestand das Gesetz besondere An-
haltspunkte gibt, ist, je nachdem erstmaliges Vergehen oder Rückfall vorliegt, mit der Strafe
des Vierfachen bis Zwölffachen der, noch nachzuzahlenden, Steuer bedroht, Ordnungsver-
sehen mit Ordnungsstrafen bis zu 20 Mk.
§ 94. 4. Die Liegenschafts-, Erbschafts= und Schenkungsaccise. Die Besteuerung des
Uebergangs von Eigenthum durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden oder auf den Todesfall,
welche in Baden zu den indirekten Besteuerungen gerechnet wird, beruht in der Hauptsache
auf der Accisordnung vom 4. Januar 1812 1). Es gilt hierüber im Wesentlichen Folgendes.
a) Liegenschafts-Accise2). Wenn Eigenthum an Liegenschaften, Grundgerechtig-
keiten, Grundgefällen oder Realgewerbberechtigungen durch Rechtsgeschäft unter Lebenden —
Schenkungen ausgenommen — von einer Hand in die andere übergeht, so ist Liegenschafts-
accise zu entrichten.
Sie beträgt 2 /8 Prozent 5) des Preises bezw. Werthes des übergehenden Eigenthums.
Bei Tauschverträgen ist das vertauschte Objekt, welches den höchsten Werth hat, Gegenstand
der Accise.
Accispflichtig ist der neue Erwerber, bei Tauschverträgen jede der Vertragspersonen
zur Hälfte.
Die Arccispflicht ist begründet, sobald das den Eigenthumsübergang begründende Rechts-
geschäft bindend abgeschlossen ist, ohne Rücksicht auf den Eintrag zum Grundbuch oder etwaige
spätere Willensänderung der Vertragspersonen. Bei Rechtsgeschäften unter aufschiebender
Bedingung bleibt die Accispflicht bis zum Eintritt der Bedingung aufgeschoben; bei solchen
unter auflösender Bedingung ist sie sofort begründet, die gezahlte Accise wird aber bei
Eintritt der Bedingung rückerstattet.
Freiheit von der Arccise ist gesetzlich gewährt theils objektiv in einer Reihe von Fällen,
in welchen entweder die Erwerbung oder die Wiederauflösung derselben aus besonderen
Gründen vor sich geht, theils subjektiv gewissen Kategorien von Personen oder Rechtspersön-
lichkeiten #.
1) Beil. zu Reg. Bl. Nr. II.
2) Acc. Ord. §§ 83—90, 92, 93. Verord. d. Fin. Min. v. 25. August 1815, Reg. Bl. Nr.
XVIII. S. 114; Ges. v. 14. Mai 1828, Reg. Bl. Nr. VII, S. 61; v. 26. Okt. 1833, Reg. Bl. Nr.
XXXX, S. 215; v. 8. Juli 1863, Reg. Bl. Nr. XXX, S. 2583. Amtliche Zusammenstellung der
jetzt noch giltigen Gesetze über die Liegenschafts-, Erbschafts= und Schenkungsaccise 2c. in Verord.
d. Fin. Min. v. 18. Mai 1855, Verord. Bl. d. Steuerdir. v. 1855, Nr. 9, S. 31, Beil. Reutti, Zu-
sammenstellung der jetzt noch giltigen Gesetze 2c., Karlsruhe 1875. Ueber die vielen einschlägigen
Streitfragen s. Wielandt, Rechtsp. Nr. 1305—1352.
3) Ges. v. 29. Juni 1884, G.u. V. Bl. Nr. XXXI, S. 380.
4) a) Objektive: Ablösung von Grundlasten, Eigenthumsübergang bei der Feldbereinigung,
zur Beseitigung der gesetzlich unzulässigen Kleinheit von Grundstücken, Zurücknahme wegen Unver-
mögenheit des Käufers, Erwerbung durch den Pfandgläubiger bei Zwangsversteigerung, im Kon-
kurs durch den früheren Eigenthümer, Vertragsauflösung innerhalb der ersten 14 Tage nach dem
Vertragsabschluß, wegen verschwiegener Lasten, Verkürzung zu 7/12, u. a. m. b) Subjektive: Ueber-
gang von Ahnen auf Abkömmlinge, von einem Ehegatten auf den anderen, von Erbmassen an Mit-
erben, an öffentliche Anstalten für Wohlthätigkeit und Unterricht an den Staat.