Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

895. Die Gerichtskosten. 209 
b) Erbschafts- und Schenkungs-Accise!). Erbschaftsaccise hat zu entrichten 
der Erbe (Erbnehmer, Vermächtnißnehmer) von dem reinen Werthe der auf ihn überkom- 
menen Erbschaft (Erbvermächtnisses, Vermächtnisses), ohne Unterschied, ob sie in beweglichen 
oder unbeweglichem Gut besteht. 
Jedoch ist unbewegliches Gut, das im Auslande sich befindet, nicht, im Inlande be- 
findliches auch dann, wenn es zur Verlassenschaft eines Ausländers gehört, der Erbschafts- 
accise unterworfen, ebenso bewegliches Gut eines inländischen Erblassers ohne Rücksicht auf 
den Ort, wo es sich befindet, bewegliches Gut eines ausländischen Erblassers nur dann, 
wenn es im Inlande sich befindet. 
Accisfrei sind: die Abkömmlinge und die Eltern des Erblassers, öffentliche Anstalten 
für Wohlthätigkeit und Unterricht, der Staat, Vermächtnisse an Arme zur alsbaldigen Ver- 
theilung. 
Der Erbe 2c. wird accispflichtig, sobald er eine Handlung vornimmt, welche seine 
Absicht, die Erbschaft anzutreten, nothwendig voraussetzt. 
Die Accisfe beträgt: 1) für Ehegatten 1 /8 Prozent; 2) für Geschwister und Abkömm- 
linge von solchen 3 /8 Prozent; 3) für andere Erben 10 Prozent des Reinwerthes der 
Erbschaft?. 
Der Schenkungsaccise 5) unterliegen alle Rechtsgeschäfte, welche im Sinne des Land- 
rechtes als Schenkungen unter Lebenden gelten, einschließlich der Schenkungen Dritter zu 
Gunsten einer Ehe, mit Ausnahme der sog. Handgeschenke (Fahrnißschenkungen, über die 
keine Urkunde ausgenommen wird) und der Schenkungen im Werthe bis zu 128 Mk. (75 fl.) 
Frei von dieser Accise sind: Ahnen und deren Geschwister, Ehegatten, Geschwister 
und deren Abkömmlinge, öffentliche Anstalten für Wohlthätigkeit und Unterricht, öffentlich 
unterstützte Arme, der Staat. Die Accise beträgt 10 Prozent des Reinwerthes der Schen- 
kung. Im Uebrigen gelten die gleichen Bestimmungen, wie für die Erbschaftsaccise. 
Die Feststellung der Liegenschafts-, Erbschafts= und Schenkungsaccisfe geschieht durch 
die Beamten der freiwilligen Gerichtsbarkeit aus Anlaß der Fertigung der über die be- 
züglichen Rechtsgeschäfte aufzunehmenden öffentlichen Urkunden (Kaufbriefe, Erbverzeichnisse, 
Schenkungsurkunden). Einsprachen hiergegen verbescheidet, mit Vorbehalt der Klage an den 
Verwaltungsgerichtshof, die Steuerdirektion. 
Die Accispflichtigen haben von dem die Accispflicht bewirkenden Rechtsvorgang bin- 
nen 14 Tagen der Behörde Anzeige zu erstatten. Die Unterlassung oder unrichtige Er- 
stattung dieser Anzeige gilt als Accishinterziehung. Die Hinterziehung wird im ersten Fall 
mit dem vierfachen, im zweiten mit dem achtfachen, im dritten mit dem zwölffachen, im 
vierten und jeden weiteren Fall mit dem zwanzigfachen Accisbetrag bestraft“). 
Accisvergehen verjähren in einem Jahre?). 
II. Die sog. Justiz= und Polizeige fälle. 
§ 95. 1. Die Gerichtskosten 0). Unter den Einnahmen der Finanzverwaltung bilden 
die „Gerichtskosten, Sporteln und Rechtspolizeigebühren der Gerichte, Notarskosten“, einen 
einheitlichen Posten. Sie tragen den Charakter von Gebühren, d. h. von öffentlich-recht- 
1) Angef. Acc. Ord. §§ 91, 94—98; Höchste Verord. v. 7. Mai 1818, Reg Bl. Nr. XIV, 
S. 86; angef. Ges. v. 14. Mai 1828; Ges. v. 3. Aug. 1837, Reg. Bl. Nr. XXVII, S. 194, v. 16. Febr. 
1860, Reg. Bl. Nr. IX, S. 51. Wielandt, Rechtspr. Nr. 1353—1564. 
2) Staatshaushalts Ges. v. 18. März 1880, G. u. V. Bl. Nr. XI, S. 54. 
3) Angef. Acc. Ord. § 91, Ges. v. 14. Mai 1828. 
4) Acc. Ord. § 100, Z. 14, § 101. 5) Das. § 109, Zoll Ord. v. 1812, § 112. 
6) Oeftering, W., das Gerichtskostenwesen im Großherzogthum Baden, Karlsruhe 1894; 
Krumm, G. und Stroh, H., die Gerichtskostenordnung v. 20. Jan. 1890, Bonndorf 1894. 
Handbuch des Oeffen tlichen Rechts III. 2. Aufl. Baden. 14
	        
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