8 10l. Die Polizei. Allgemeine Grundsätze. 221
liche Thätigkeit auf die Durchführung des einmal für die Dauer Vorgeschriebenen und das
Mittel der Strafverfolgung von Uebertretungen hiergegen beschränkt wäre.
In ersterer Beziehung hat daher das Gesetz die Erlassung von Nothverordnungen, in
letzterer eine, wenn auch gesetzlich beschränkte, eigene Exekutivgewalt der Polizeibehörden
vorgesehen.
Für den Fall außerordentlicher Vorkommnisse nämlich, welche die Sicherheit der Per-
sonen und des Eigenthums schwer bedrohen, bleibt der Bezirks= und der höheren Verwal-
tungsbehörde vorbehalten, vorübergehende Anordnungen unter Strafandrohung inner-
halb des allgemein gesetzlichen Strafmaßes (Haft bis zu 6 Wochen oder Geldstrafe bis zu
150 Mk. zu treffen. Solche Anordnungen verlieren jedenfalls nach Ablauf von vier Wochen
ihre Wirksamkeit.
Dauert der Grund zu einer solchen Anordnung fort, so kann eine Erneuerung der-
selben nur durch das Ministerium verfügt werden 7.
Exekutivgewalt ist den Polizeibehörden nach drei Richtungen eingeräumt:
a) Eigenes Thun zur Beseitigung rechts= und ordnungswidriger Zustände.
Das Pol. Str. G. B. bestimmt in dieser Beziehung in § 30: „Neben den Bestimmungen
des gegenwärtigen Gesetzbuchs bleibt den Polizeibehörden die Befugniß vorbehalten, auch
unabhängig von der strafgerichtlichen Verfolgung rechts= und ordnungswidrige Zustände
innerhalb ihrer Zuständigkeit zu beseitigen und deren Entstehung oder Fortsetzung zu hindern.
Anordnungen dieser Art sind nur insoweit zu treffen, als sie im öffentlichen Inter-
esse geboten erscheinen. 4
Persönlicher Zwang kann nur angewendet werden, wenn die zu treffenden Maß-
regeln ohne solchen undurchführbar sind; ein Gewahrsam darf in solchem Falle die Dauer
von 48 Stunden nicht übersteigen.
Ueber den Ersatz der durch solche Maßregeln entstandenen Kosten hat in allen Fällen
die Polizeibehörde zu erkennen und das Erkenntniß nach den Bestimmungen über die Bei-
treibung der auf dem öffentlichen Recht beruhenden Forderungen der Amtskassen vollziehen
zu lassen."
Voraussetzung des Eingreifens der Polizeibehörde ist einmal, daß der zu beseitigende
Zustand rechtswidrig sei, d. h. einem Gesetze oder einer auf Grund desselben erlassenen
Verordnung widerspreche, oder ordnungswidrig, d. h. mit den Anforderungen eines ge-
regelten gesellschaftlichen oder wirthschaftlichen Lebens im Staate nicht vereinbar, sodann
daß die ganze Angelegenheit und das angemeldete Mittel zur sachlichen und örtlichen Zu-
ständigkeit der eingreifenden Behörde gehört, endlich, daß die Beseitigung des Zustandes im
öffentlichen Interesse nothwendig sei. Das Eingreifen darf hiernach nicht weiter gehen, als
durch diesen Zweck schlechthin geboten ist. Im Uebrigen ist die Art des Eingreifens dem
Ermessen der Polizeibehörde anheimgegeben.
Gegen die Anordnung sowohl, als gegen das Erkenntniß über die Kosten 5 ist die
Klage an den Verwaltungsgerichtshof nach § 4 d. V.R. Pfl. G. zulässig (wegen Gesetzesver-
letzung oder Ueberschreiten auch der äußersten Grenzen pflichtmäßigen Ermessens der that-
sächlichen Lage).
b) Exekutivstrafen zur Erzwingung positiven Thuns Einzelner.
Nach § 31 des Pol. Str.G. B. „bleibt den mit Polizeigewalt betrauten Verwaltungs-
behörden die Befugniß aufrecht erhalten, die Erfüllung solcher Verbindlichkeiten des öffent-
lichen Rechts, für deren zwangsweisen Vollzug ein besonderes Verfahren nicht vorgeschrieben
1) Pol. Str.G.B. § 29.
2) Schlusser a. a. O., S. 20. S. Wielandt, Rechtsp. Nr. 205—224.