224 Sechster Abschnitt: Die Landesverwaltung. I. Kapitel. 88 103, 104.
§ 103. 2. Einzel-Sicherheitspolizei. a) Feststellung der Persönlichkeit. Die auf den
bürgerlichen Stand bezüglichen Rechtsverhältnisse sind zum größten Theil reichsrechtlich ge-
regelt.
Einer besonderen badischen Strafandrohung unterliegt die unbefugte Aenderung des
Geschlechtsnamens 7).
§ 104. b) Aufenthalt und Kontrole desselben :). Das Recht der freien Wahl des Aufent-
haltes ist reichsrechtlich geregelt durch das Freizügigkeitsgesetz, vom 1. Nov. 18675).
Von den Bestimmungen des badischen Gesetzes über das Aufenthaltsrecht"), soweit
sie auf Inländer sich beziehen, ist nur noch jene übrig, wornach Niemand, der nicht öffent-
lich unterstützt wird, aus dem Orte seines Bürgerrechtes ausgewiesen werden kann, und
die, daß über die Versagung des Aufenthaltes die Staatspolizeibehörde erkennt, vorbehalt-
lich des Rekurses an die höhere Verwaltungsbehörde)).
Reichsausländern kann der Aufenthalt versagt werden 1) im Interesse der öffent-
lichen Sicherheit oder Sittlichkeit im Falle der Verurtheilung zu einer Freiheitsstrafe, 2) we-
gen Unsicherheit des Heimathrechtes, 3) wegen mangelnder Unterhaltungsmittel, und zwar
kann in diesen Fällen die Aufenthaltsversagung sowohl auf einen einzelnen Ort, als auf
das ganze Land sich erstrecken, 4) wegen Gefährdung der inneren oder äußern Sicherheit
des Staates kann das Ministerium des Innern jederzeit die Ausweisung verfügen. Der
Regierungsverordnung sind ausdehnende oder erweiternde Maßregeln vorbehalten 5.
Bezüglich des Ausweises über die Persönlichkeit durch Reiseurkunden ist zunächst das
Reichsgesetz über das Paßwesen?) maßgebend. Für Reisen im Inlande werden Reiseaus-
weise, für solche im Auslande Pässe und Paßkarten ausgestellt, außerdem auf Verlangen
auf Grund des Reichsgesetzes über die Reichs= und Staatsangehörigkeit Staatsangehörig-
keits-Ausweise und Heimathscheine ).
Bezüglich des Zuzugs und Wegzugs, der Beherbergung oder Aufnahme von Frem-
den in Gasthöfen, der Einstellung und Entlassung der Dienstboten und Gewerbsgehilfen so-
wie bezüglich der Wohnungsänderungen besteht eine durch Verordnung, bezirks= und orts-
polizeiliche Vorschriften näher geregelte Meldepflicht, deren Nichterfüllung mit Strafe
bedroht ist?).
Zum Vollzug von Ausweisungen, Heimweisungen u. ä. können Zwangspässe aus-
gestellt werden, deren Uebertretung mit Strafe bedroht ist 10.
Ebenso ist die Uebertretung der Aufenthaltsversagung mit Strafe bedroht½.
Gegenüber bestraften Personen bestehen klraft Reichsrecht weitere Beschrän-
kungen 13). Sie bestehen theils in der Versagung des Aufenthalts an einem Orte, theils in
der Stellung unter Polizeiaufsicht und Anweisung eines bestimmten Ortes des, im Uebrigen
freien, Aufenthaltes, theils in der Unterbringung im Arbeitshause.
1) Pol. Str. G. B. § 44; ldh. Verord. v. 16. Dez. 1875, G. u. V. Bl. Nr. XXXVIII, S. 407.
2) Wielandt, bad. Gemeinderecht II. 2. Aufl. Heidelb. 1889.
3) Bd. G. B. Nr. 7, S. 55.
4) V. 5. Mai 1870, G. u. V. Bl. Nr. XXXII, S. 396.
5) Eine Klage an den Verwaltungsgerichtshof ist ausgeschlossen, V. R.Pfl. G. 8§ 4.
6) Aufent. G. 5§ 3—5.
7) V. 12. Okt. 1867, Bd.G. Bl. Nr. 5, S. 33. Dazu Verord. d. Min. d. Inn. v. 28. Sept. 1868
C. Verord. Bl. Nr. XIX, S. 71, u. v. 13. Mai 1881, G. u. V. Bl. Nr. XV, S. 159.
KSeror- d. Min. d. Inn. v. 20. April 1883, G. u. V. Bl. 1883, Nr. XI, S. 123, s. Wielandt
a. u. O., S. 113 ff.
9) Pol. St. G. B. § 49, Verord. d. Min. d. Inn. v. 8. Mai 1883, G.u. V. Bl. Nr. XII, S. 125,
abg. 10. Dez. 1891, G. u. V. Bl. Nr. XXVI, S. 239.
10) Pol. St. G. B. § 48. 11) Das. §8 50.
12) Hierüber s. für Baden Wielandt II, a. a. O., S. 88 ff; Schlusser a. a. O., S. 44 ff.
Ztschr 1894, S. 159 ff.