Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

232 Sechster Abschnitt: Die Landesverwaltung. II. Kapitel. § 112. 
pflege eine möglichst einheitliche Leitung des gesammten örtlichen Armenwesens und die 
thunlichste Verminderung des öffentlichen Armenaufwands herbeizuführen. 
Die Kreis(Land-harmenpflege wird von den gesetzlichen Organen der Kreise verwaltet 7. 
7. Auf Grund des § 30 des Unterstützungswohnsitzgesetzes hat das Ministerium des 
Innern für den Ersatz der Kosten, welche einem badischen Armenverbande von einem anderen 
badischen Armenverbande oder von dem badischen Staate zu ersetzen sind, Tarifbestimmungen 
erlassen). 
8. Eine andere Verordnung regelt das Verfahren zur Erwirkung des Ersatzes für 
geleistete Unterstützung sowie der Uebernahme Hilfsbedürftiger 3. 
9. Der Armenaufwand wird gleich anderen Ausgaben des betreffenden Armenverbandes 
bestritten. 
Den Kreisverbänden werden zur Bestreitung der Kosten der Landarmenpflege aus 
der großherzoglichen Staatskasse Bauschsummen zur Verfügung gestellt, welche in Vierteljahrs- 
beträgen vorauszuzahlen sind. Die Höhe derselben wird jeweils auf zwei Budgetperioden 
durch Gesetz zum Voraus bestimmt . 
Neben dieser gesetzlichen Armenpflege üben die Kreise eine sehr erhebliche freiwillige 
Armenpflege aus, die sich vorzugsweise auf die Entlastung der Gemeinden durch Ein- 
richtung von Kreispflege-Anstalten (in erster Reihe allerdings der Landarmenpflege dienend), 
Armenkinderpflege, Heilung von Augenkranken bezieht. 
10. Der Unterstützte, welcher zu hinreichendem Vermögen gelangt, ist zur Rück- 
erstattung der von seinem 18. Lebensjahr an von der öffentlichen Armenpflege ihm gewährten 
Unterstützung in angemessenen Fristen verpflichtet. 
Sofern nicht arme Notherben vorhanden sind, ist auch der Nachlaß des Unterstützten 
ersatzpflichtig. 
Gegen den überschuldeten Nachlaß findet die Rückforderung nicht statt?). 
11. Wer durch unwahres Vorgeben oder Vorenthaltung der Wahrheit von der öffent- 
lichen Armenpflege Unterstützung erschleicht, wird, sofern die That nicht in Betrug oder 
Fälschung im strafrechtlichen Sinn übergeht, mit Haft bis zu vier Wochen polizeilich be- 
straft ). 
12. Ueber die Hilfsbedürftigkeit, die Art und das Maß der zu leistenden Unter- 
stützung entscheiden die Verwaltungsbehörden, zunächst der Bezirksrath?). 
Rechtsstreitigkeiten auf Grund des Unterstützungswohnsitzgesetzes und des badischen 
Armengesetzes entscheiden die Verwaltungsgerichte, im ersten Rechtszug der Bezirksrath, im 
zweiten der Verwaltungsgerichtshof, bei Streitigkeiten zioischen einem badischen und einem 
nichtbadischen Armenverband im dritten Rechtszug das Bundesamt für das Heimathwesen. 
13. Als vorbeugende Maßregeln sind außer den schon erwähnten Bestimmungen über 
die Zwangserziehung jene der §§ 76° und 98 des Pol. Str. G. B. über das Einschreiten 
gegen Trunkenbolde und Solche, die die Pflicht zum Unterhalt ihrer Familie vernachlässigen, 
zu erwähnen. 
§ 112. II. Die Arbeiterversicherung?). Die theils in der Form des Gesetzes, theils 
in der der Verordnung erlassenen landesrechtlichen Bestimmungen auf dem Gebiete der 
1) Arm. Ges. §§ 26—29. 
2) Verord. d. Min. d. Inn. v. 30. Juli 1888, G. u. V. Bl. Nr. XXXIII, S. 397, 16. August 
1889, G. u. V. Bl. Nr. XXI, S. 203. 
3) V. 6. Dez. 1872, G. u. V. Bl. Nr. XIIII, S. 378. 
3 Ges. v. 1. März 1884, G. u. V.Bl. Nr. VII, S. 66. 
5) Arm. G. 5. 6) Das. 8 8. 
7) Ges. v. 14. Mai 1872, 4. 
8) U. W.G. 8§8 37, 38; V.R.-fl.G. §2, Ziff. 1 
9) S. hierüber Jahresb. d. Min. d. Inn. s. 1034/68; 2 Rd., S. 289 ff.
	        
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