240 Sechster Abschnitt: Die Landesverwaltung. II. Kapitel. 8116.
Zum Schutze gegen die Blattern ist durch das R. ImpfG. vom 8. April 1874 )
die Impfung der Kinder mit Schutzpocken — die übrigens in Baden längst bestand —
vorgeschrieben.
Mehrere Ministerialverordnungen regeln den Vollzug. Die Amtsbezirke bilden die
Impfbezirke, Impfärzte sind die Bezirksärzte und deren Stellvertreter. Die öffentlichen
Impfungen müssen mit Thierlymphe ausgeführt werden. Diese wird durch die Impfanstalt
in Karlsruhe gewonnen und unentgeltlich an die Impfärzte abgegeben 7).
Für den Fall der Erkrankung an Blattern besteht Verpflichtung zur Anzeige von
der Erkrankung, zur Absonderung und Desinfektion ).
Die gegen die Cholera zu ergreifenden Maßnahmen und die hierauf bezüglichen
Verpflichtungen, Anzeigepflicht, Desinfektions= und Absonderungspflicht, sind ebenfalls durch
Verordnung“) geregelt, desgleichen bei Typhus und Scharlach (Diphtherie), Masern und
Keuchhusten?).
Für die Aerzte insbesondere besteht Anzeigepflicht bei jedem Fall von Cholera, Blattern,
Puerperalfieber, Typhus, Scharlach, Diphtheritis, Croupe und bei epidemischem Auftreten
von Masern, Keuchhusten oder Ruhr 5.
Außerdem enthält das Pol. Str.G.B. Strafdrohungen gegen gewisse Handlungen,
durch welche ansteckende Krankheiten verbreitet werden können (§8 85—87).
§ 116. 4. Schutz gegen sonstige Gefährdungen. Zu den wichtigsten Vorschriften auf
dem Gebiete der Sicherung des physischen Lebens gehören jene über den Verkehr mit Spreng-
stoffen, enthalten in mehreren Verordnungen, die auf Grund des § 367 Ziff. 5 des
R. Str.G. B. erlassen wurden, theilweise auf Grund von Vereinbarungen der Bundesregie-
rungen und in Uebereinstimmung mit dem R.G. vom 9. Juni 1884), ferner über die
Vornahme von Sprengungen 8).
Aehnlichen Charakters sind die theils in dem Pol. Str. G.B. (8 105, 107— 109),
theils in Verordnungen, die auf Grund desselben erlassen worden sind, enthaltenen Vor-
schriften bezüglich des Betriebs von Schießstätten, von Gruben und Brüchen rc. und über
die sonstige Verhütung von Gefährdungen und Unglücksfällen.
Weitere Strafandrohungen enthält das Pol. Str.G.BB. (88 99, 100, 102, 103 in Ver-
bindung mit §§ 88, 89) gegen Trunkenheit bei Verrichtungen, welche besondere Vorsicht
erfordern, das Betreten gefährlicher Orte, Gefährdungen durch Thiere, namentlich Hunde
(bissige und wüthende Hunde).
Mit Strafe bedroht ist ferner die Vernachlässigung der Aufsicht über Geisteskranke
und Blödsinnige (Pol. Str. G. B. § 97), Mißhandlung und Vernachlässigung der schuldigen
Pflege gegenüber von Kindern, Kranken 2c. (8 98). Dabei ist insbesondere eine polizei-
liche Ueberwachung der entgeltlichen Verpflegung von Kindern unter sieben Jahren er-
möglicht.
1) R.G.B. Nr. 11, S. 31.
2) Insbes. Ver. v. 11. Jan. 1875, G.u. V. Bl. Nr. III, S. 57; 19. Nov. 1885, G. u. V. Bl. Nr.
XXXIV, S. 382; 5. Febr. 1886, G. u. V. Bl. Nr. IV, S. 31.
3) Pol. Str. G. B. § 85, Verord. v. 30. Dez. 1881, G. u. V. Bl. 1882, Nr. I, S. 1; v. 27. Junie
1872, G. u. V. Bl. Nr. XXIX, 292.
4) Angef. Verord. v. 30. Dez. 1881; v. 26. Aug. 1893, G. u. V. Bl. Nr. XVII, S. 85.
5) Verord. v. 18. Nov. 1893, G. u. V. Bl. Nr. XXIII, S. 152, 8. Dezbr. 1894, G.u.V. Bl. Nr. L,
S. 434, u. (bezüglich der bei Masern und Keuchhusten in den Schulen zu treffenden Maßregeln) v.
8. Dez. 1894, Daf. S. 441.
6) Angef. Verord. v. 30. Dez. 1881, v. 8. Dez. 1894, G. u. V. Bl. Nr. L, S. 433.
7) R.G.B. Nr. 17, S. 61; Vollz.Verord. d. Min. d. Inn. v. 1. Sept. 1884, G.u. V. Bl. Nr.
XXXV, S. 389, abg. 17. Juni 1887, G. u. V. Bl. Nr. XV, S. 128; v. 8. Nov. 1893, G. u. V. Bl.
Nr. XXII, S. 137, 13. März 1894, G. u. V. Bl. Nr. XV, S. 118.
8) V. 19. Dez. 1887, G. u. V. Bl. Nr. XXXVIII, S. 445.