264 Sechster Abschnitt: Die Landesverwaltung. III. Kapitel. §5 129.
Im Falle des Bedürfnisses können dem Aichungsamte mehrere Aichmeister und ein beson-
derer Rechnungsführer beigegeben werden. Die Mitglieder des Aichungsamtes werden auf
den Vorschlag des Gemeinderaths vom Bezirksamte bestellt und eidlich verpflichtet. Das
Verhältniß, nach welchem die Aichungsgebühren zwischen der Gemeindekasse und den ein-
zelnen Mitgliedern des Aichungsamtes zu theilen sind, wird durch das Bezirksamt nach
Vernehmung der Betheiligten bestimmt.
Die Aichungsämter sind den Bezirksämtern unmittelbar untergeordnet w.
Als technische Landes-Aufsichtsbehörde für das Maß= und Gewichtswesen ist ein Ober-
aichungsamt in Karlsruhe eingerichtet, bestehend aus einem Mitgliede des Ministeriums
des Innern und der erforderlichen Anzahl von Sachverständigen?).
Die Maße, Gewichte, Waagen und sonstigen Meßwerkzeuge, welche von Gewerb-
treibenden zum Zumessen und Zuwägen im öffentlichen Verkehr benützt werden, sind durch
die Polizeibehörden von Zeit zu Zeit zu untersuchen 3).
* 129. VIII. Sparkassen., Kredit, und Bankwesen. 1. Zur Errichtung von Spar-
kassen bedarf es im Allgemeinen keiner staatlichen Genehmigung. Auch der Betrieb solcher
unterliegt an sich keiner staatlichen Aufsicht. Wohl aber sind die Rechtsverhältnisse und
die Verwaltung der mit Gemeindebürgschaft versehenen Sparkassen durch ein besonderes
Gesetz vom 9. April 1880 ) und auf Grund desselben erlassene Verordnungen geregelt.
Das Gesetz erklärt es ausdrücklich für zulässig, daß eine oder mehrere Gemeinden für die
Verbindlichkeiten einer Sparkasse die Bürgschaft übernehmen und bezeichnet hierbei als Zweck
der Sparkasse die sichere verzinsliche Anlage kleiner Ersparnisse.
Zur Giltigkeit der Bürgschaftsübernahme ist erforderlich, daß den Satzungen der
Sparkasse die Zustimmung der Gemeindevertretung und die Staatsgenehmigung ertheilt
wird. Durch die letztere erlangt die Sparkasse, als öffentliche Anstalt, das Recht der juri-
stischen Persönlichkeit.
Die Verhöältnisse jeder solchen Sparkasse, insbesondere die Gestaltung, die Befugnisse
und die Art der Befchlußfassung ihrer Organe, die Rechte und Verbindlichkeiten der Ein-
leger, der Höchstbetrag der Guthaben der Einleger und Mindestbetrag der Einlagen, die
Verzinslichkeit und die Rückzahlung der Guthaben der Einleger, die Art der Anlage des
Vermögens der Sparkasse, die Höhe des Reservefonds, die Verwendung der Ueberschüsse, die
Voraussetzungen der Auflösung und die Verwendung des bei der Auflösung vorhandenen
reinen Vermögens, endlich die Bezeichnung der Formen und Fälle der Kollektivzeichnung
der Namens der Sparkasse auszustellenden Urkunden sind, soweit hierüber nicht das Spar-
kassengesetz oder andere Gesetze Bestimmungen treffen, durch Satzungen zu regeln.
Die Sparkasse und das Sparkassenvermögen muß von den Kassen und dem Vermögen
der Gemeinde vollständig getrennt verwaltet werden.
Mit der Sparkasse kann eine Waisenkasse verbunden sein, sowie ausnahmsweise eine
Leihanstalt (Leihhaus) und eine Hinterlegungsanstalt.
Andere Geschäftszweige dürfen mit Sparkassen der in diesem Gesetze bezeichneten Art
nicht verbunden sein.
Die Verwaltung der Sparkasse, welche nur von einer einzelnen Gemeinde verbürgt
ist, ist zu führen:
1) Verord. d. Hand.Min. v. 2. Febr. 1870, G. u. V. Bl. Nr. VII, S. 87.
2) Ldh. Verord. v. 2. Febr. 1870, G. u. V. Bl. Nr. VII, S. 85.
3) Näheres in Verord. d. Hand.Min. v. 31. März 1876, G. u. V. Bl. Nr. XIV, S. 97.
4) G. u. V. Bl. Nr. XV, S. 109; ldh. Vollz.Verord. v. 9. April 1880, G. u. V. Bl. Nr. XV, S. 115;
Müller, J. P., Handb. üb. d. bad. Sparkassenrechnungswesen, Bonndorf 1888; Näf, N., Das Gesetz
üb. d. Rechtsverhältnisse 2c. der Sparkassen, Freiburg 1880.