Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

274 Sechster Abschnitt: Die Landesverwaltung. III. Kapitel. 89 133. 
Den Ausschluß von der gemeinen Weide können die Besitzer von Grundstücken be- 
gehren, die eine zusammenhängende Fläche von mindestens 30 Hektaren, auf einer oder 
mehreren Gemarkungen gelegen, darstellen. 
Für Grundstücke eines Besitzers, welche keine zusammenhängende Fläche bilden, kann 
nur unter beschränkteren Voraussetzungen der Ausschluß und event. die Bildung eines be- 
sonderen Weidebezirkes beansprucht werden. 
Auf eine längere Zeit als neun Jahre kann die Dauer einer gemeinen Schafweide 
für einmal nicht beschlossen werden. Die gemeine Weide besteht nach Ablauf der für ihre 
Dauer gesetzten Frist je auf weitere sechs Jahre fort, wenn nicht spätestens ein Jahr vor 
Ablauf derselben die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens verlangt wird. 
Der Antrag auf Einführung einer gemeinen Schafweide kann von dem Ge- 
meinderath selbst oder bei diesem von einzelnen Betheiligten gestellt werden. 
Die Abstimmungsverhandlungen sind vom Bezirksbeamten zu leiten; in der Tagfahrt 
ist das Unternehmen eingehend zu erörtern und hierauf die Frage, ob die Weide in der 
beantragten Weise zur Einführung kommen soll, zur Abstimmung zu bringen. Dabei wer- 
den die Nichterschienenen und Nichtabstimmenden als zustimmend gezählt. 
In derselben Tagfahrt ist auch über die Verwendung des Pachterlöses und Pferch- 
ertrages aus der Weide, und zwar mittelst einfacher Mehrheit der anwesenden Stimm- 
berechtigten nach Maßgabe des Steuerkapitals der der Beweidung zu unterwerfenden Grund- 
stücke Beschluß zu fassen, wobei jedoch Niemand mehr als die Hälfte aller Stimmen führen 
darf; bei Stimmengleichheit entscheidet die Mehrheit der Köpfe. 
Die Erträgnisse aus der gemeinen Weide fließen in die Gemeindekasse, wenn die 
Betheiligten nichts Anderes beschließen oder ein Beschluß über die Verwendung der Er- 
trägnisse nicht zu Stande kommt. Falls nach Vertrag oder richterlichem Urtheile bereits 
bestimmt ist, daß die Erträgnisse eines Weiderechts in die Gemeindekasse fließen, so hat es 
hierbei sein Verbleiben. 
Erhält der Antrag auf Einführung einer gemeinen Weide bei der Abstimmungs- 
tagfahrt nicht die erforderliche Zustimmung (Art. 1), so ist dessen Wiederholung vor Ab- 
lauf von zwei Jahren, von jener Tagfahrt an gerechnet, nicht mehr zulässig. 
Ist eine gesetzliche Mehrheit für die Einführung einer gemeinen Schafweide vor- 
handen, haben aber nicht alle Betheiligten ausdrücklich zugestimmt, so wird nach Anhörung 
des Bezirksrathes von dem Ministerium des Innern die Entscheidung des Staatsministeriums 
darüber herbeigeführt, ob dem Unternehmen die staatliche Genehmigung zu ertheilen sei. 
Die Ausübung der gemeinen Schafweide wird durch eine Weideordnung geregelt, 
welche im Wege ortspolizeilicher oder, falls die gemeine Schafweide sich über mehrere Ge- 
markungen erstreckt, bezirkspolizeilicher Vorschrift zu erlassen ist. 
Alle auf die Verwaltung der gemeinen Schafweide bezüglichen Geschäfte hat der 
Gemeinderath zu besorgen; er ist ermächtigt, die betheiligten Grundeigenthümer vor Gericht 
zu vertreten. 
Die Verpachtung der Weide erfolgt im Wege der öffentlichen Versteigerung oder 
der Submission. Dem Höchstbietenden ist der Zuschlag zu ertheilen, sofern nicht Thatsachen 
vorliegen, welche dies als nachtheilig erscheinen lassen. 
Das Gesetz enthält ferner Vorschriften über die Haftbarkeit der Weidepächter für 
den Schaden und die Feststellung des Schadenersatzes, die Rechnungsführung (gemäß dem 
Gemeinderechnungswesen), über Selbstbetrieb der Weiden durch die Eigenthümer mittelst 
gegenseitigen Befahrens ihrer Grundstücke, über Heranziehung der Einnahme aus der 
Schafweide zur Bestreitung eines Theiles des Feldhütergehaltes, über die Behandlung der
	        
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