14 Zweiter Abschnitt: Staat und Staatsverfassung. I. Kapitel. §9 10.
weitere zuerkannt sind. Diese Bevorzugungen sind theils Reste einer früheren Sonder-
stellung der betr. Klassen im Staate bezw. vormaligen deutschen Reiche, theils Ausflüsse
der nahen Beziehung der Personen zum Staatsoberhaupte. Das Erstere ist der Fall bei
den Angehörigen des Adelsstandes, das Letztere bei den Mitgliedern des Großherzoglichen
Hauses. Die Rechtsverhältnisse dieser s. u.
§ 10. b) Iunsbesondere. 1. Rechtsvorzüge der Angehörigen des Adelstandes. ##) Des
Adels überhaupt 1). Zum Adelstande des Großherzogthums gehören alle Diejenigen,
welche innerhalb des Großherzogthums berechtigt sind, einen solchen Familiennamen zu
führen, mit welchem ein die Erhöhung des Ansehens der Träger desselben bezweckendes
Prädikat verbunden ist.
I. Die Adelseigenschaft kommt zu allen denjenigen badischen Staatsbürgern, welche
1. zur Zeit des geschlossenen rheinischen Bundes im öffentlichen ruhigen Besitz eines
deutschen Adels waren, oder
2. durch Adelsbrief Seitens des Großherzogs in den Adel erhoben worden sind
oder werden. Kein badischer Staatsbürger, der die Erhöhung in den Adelstand sucht,
darf solche anderswoher suchen oder annehmen, als Seitens des Großherzogs;
3. oder welche vor ihrem Eintritt in den badischen Staatsverband Seitens eines
auswärtigen Souveräns den Adel erhalten und nach ihrem Eintritt in den badischen
Staatsverband die Anerkennung desselben Seitens des badischen Staatsoberhauptes er-
langt haben?).
Die Adelseigenschaft wird ferner, vorausgesetzt, daß sie nicht nach ihrem Rechts-
grunde höchstpersönlich ist, auf dem Wege der Uebertragung erworben
4. durch Abstammung: das von einem Vater, welchem aus einem Grunde der oben
bezeichneten Gründe die Adelseigenschaft zusteht, in rechtmäßiger Ehe erzeugte Kind erlangt
die Adelseigenschaft des Vaters. Unerheblich ist hierbei — abgesehen von dem Verhält-
nisse der Standesherren und etwaigen besonderen, den Adeligen nicht schon in dieser Eigen-
schaft an und für sich zustehenden Rechtsansprüchen — die Standeseigenschaft der Mutter.
Adoption verleiht dem Kinde die Adelseigenschaft nicht. Ebenso wenig erwerben uneheliche
Kinder Kraft der Abstammung die Adelseigenschaft ihres Vaters oder ihrer Mutter;
5. durch Verehelichung. Die Ehefrau eines Adeligen, gleichgültig welcher Ab-
stammung sie selbst ist, theilt — von dem Verhältnisse der Standesherren abgesehen —
vom Zeitpunkt der Eheschließung an den Stand ihres Mannes und behält ihn auch im
Wittwenstande bei.
II. Verloren wird die Adelseigenschaft:
1. durch Verzicht. Dieser wirkt jedoch nur gegen die Person des Verzichtenden
selbst und seine etwa nach der Verzichtleistung geborenen Kinder; nicht auch seine bei der
Verzichtleistung schon vorhandenen Kinder und seine zu jener Zeit schon mit ihm ver-
heirathete Frau;
2. für Frauenspersonen durch Verehelichung mit einem nichtadeligen Manne#).
1) VI. Konst. Ed. 8 21 u. 22. Z
2) Wenn einem Inländer von Seiten eines auswärtigen Souveräns ein Orden verliehen
wurde, dessen Besitz in dem fremden Lande den persönlichen oder erblichen Adel gewährt, und der In-
länder die Erlaubniß des Großherzogs zur Annahme und zum Tragen erlangt hat, so hat er damit
nicht auch die Anerkennung des Adels für das Inland erlangt, denn die Nachsuchung jener Erlaubniß
ist schon an und für sich zur Wahrung des Hoheitsrechtes des inländischen Staatsoberhauptes geboten,
ganz abgesehen von der Gewährung etwaiger besonderer Ehrenvorzüge, über welche es einer besonderen
Entschließung bedürfle.
3) Die Bestimmung von VI. Konst. Ed. § 21 Ziff. e u. f., wonach „Jeder, der ein Verbrechen
begeht, wodurch er einer peinlichen Strafe schuldig wird, wenn solches nicht aus einer, wenn auch un-
richtig beurtheilten, Nothwehr des Lebens oder der Ehre ausfloß, für seine Person den Adel verlor“,