Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

302 Sechster Abschnitt: Die Landesverwaltung. IV. Kapitel. 8 1483. 
Natur. Der Staat regelt aber durch seine Verordnungen die Errichtung und Organisation 
der Mittelschulen, Lehrplan und Schulordnung, das Lehramt an denselben, die Art der Auf- 
bringung und Verrechnung des Aufwandes, sowie die Beaufsichtigung dieser Schulen. 
A. Mittelschulen für die männliche Jugend. Als solche bestehen: I. Ge- 
lehrtenschulen. „Sie haben den Zweck, der männlichen Jugend die wissenschaftlichen 
Grundlagen höherer Bildung zu gewähren, dieselben zum selbständigen Studium der Wissen- 
schaften auf der Universität gründlich vorzubereiten und ihre religiös-sittliche Kraft zu 
entwickeln. 
Diesem Zweck entspricht die Gelehrtenschule einerseits durch formale Bildung des 
Geistes, hauptsächlich mittelst sprachlicher und mathematischer Studien, andererseits durch 
Einführung in das Geistesleben, namentlich der antiken Welt. In beiden Beziehungen bildet 
den Schwerpunkt das Studium des Lateinischen und Griechischen“, den Abschluß die sichere 
Handhabung der Muttersprache in Wort und Schrift. 
Die Organisation dieser Schulen beruht auf der ldh. Verord. v. 1. Okt. 1869 7. 
Die vollständige Gelehrtenschule — das Gymnasium — hat einen neunjährigen Lehr- 
kursus. Außerdem bestehen Gelehrtenschulen mit nur sieben Jahreskursen — Progymnasien 
— und solche mit nur fünf unteren Jahreskursen — Pädagogien. 
Mit Gelehrtenschulen können höhere Bürgerschulen verbunden werden. 
An den Gelehrtenschulen können Lehrer jeder Konfession angestellt, aus den konfessio- 
nellen Fonds aber nur Lehrer dieser Konfession besoldet werden?. 
Jede Gelehrtenschule hat einen Direktor oder Vorstand. Ihm steht ein Beirath zur 
Seite, in den außer einem Arzte auch andere Einwohner des Sitzes der Anstalt zu be- 
rufen sind. · 
Lehrplan und Schulordnung sind durch Ministerialverordnung bestimmt?). 
II. Real-Mittelschulen. Ihre Organisation ist neu bestimmt durch landes- 
herrliche Verordnung vom 5. Juni 18934) 
Real-Mittelschulen sind: 1. Die Realgymnasien und die Realprogymnasien, Beides 
Anstalten zum Unterricht in Religion, Deutsch, Lateinisch, Französisch, Englisch und den 
Realfächern, die ersteren mit neunjährigem Lehrgang in sechs Klassen, die letzteren ohne 
die zwei oder drei oberen Jahreskurse. 
2. Die Oberrealschulen und Realschulen, Anstalten mit den gleichen Lehrgegenständen, 
wie die Realgymnasien, jedoch ohne Latein, die Oberrealschulen mit neunjährigem Lehr- 
gang in sechs Klassen, die Realschulen ohne die zwei oder drei oberen Jahreskurse. 
3. Höhere Bürgerschulen d. h. Real-Mittelschulen, deren Lehrgang weniger als sechs 
Jahrgänge umfaßt. 
Realprogymnasien können mit Gelehrtenschulen, mit Oberreal= oder Realschulen kön- 
nen Fachklassen für technische oder industrielle Berufszweige verbunden werden. 
Real. Mittelschulen können errichtet bezw. forterhalten werden in Gemeinden, welche 
sich verpflichten, für den anderweit, insbesondere auch durch den Staatsbeitrag, nicht 
gedeckten Aufwand aufzukommen. 
Bezüglich der Leitung dieser Anstalten gilt im Allgemeinen das Nämliche, wie für 
1) Reg. Bl. Nr. XXII,. S. 359, abg. 11 Juni 1872, G.u. V. Bl. XXVI, S. 260; 19. Nov. 
1874, G. u. V. Bl. Nr. LIV, S. 575; 17. Juli 1880, G. u. V. Bl. Nr. XXVII, S. 281; 10. Mai 1886, 
G. u. V. Bl. Nr. XXVIII, S. 289. 
2) Ges. v. 11. Febr. 1870, G. u. V. Bl. Nr XII, S. 187. 
3) V. 2. Okt. 1869, G. u. V. Bl. Nr. XXII, S. 366, abg. 12. Juni 1872 (s. o.). 
s 2 G. u. V. Bl. Nr. XII, S. 49, die ldh. Verord. v. 29. Jan. 1884, G. u. V. Bl. Nr. UI, S. 10, 
ersetzend.
	        
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