Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

306 Sechster Abschnitt: Die Landesverwaltung. IV. Kapitel. 8§ 147, 48. 
Die Errichtung solcher Privatlehr= und Erziehungsanstalten, in welche ausschließlich 
Schüler unter oder über dem schulpflichtigen Alter ausgenommen werden, ist der Staats- 
behörde anzuzeigen. Derselben bleibt das Recht der Einsichtnahme vorbehalten, und sie 
kann die Schließung der Anstalt verfügen, wenn der Lehrplan derselben etwas den guten 
Sitten Zuwiderlaufendes oder den Staat Gefährdendes enthält, oder ihre Einrichtungen 
für die Gesundheit der Schüler gefährlich sind. 
Korporationen und Stiftungen können Lehr= und Erziehungsanstalten nur mit Staats- 
genehmigung errichten. 
Kirchlichen Korporationen und Stiftungen ist die Errichtung einer Lehr= und Er- 
ziehungsanstalt nur auf Grund eines besonderen Gesetzes gestattet. 
Mitgliedern eines religiösen Ordens oder einer ordensähnlichen religiösen Kongre- 
gation ist jede Lehrwirksamkeit an Lehr= und Erziehungsanstalten im Großherzogthum 
untersagt. 
Die Staatsregierung ) ist ermächtigt, für einzelne Personen in widerruflicher Weise 
Nachsicht von diesem Verbote zu ertheilen. 
Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschriften sind nach Pol. Str. G. B. 8 70 mit Geld- 
strafe bis zu 100 Mk. strafbar. 
§ 147. VI. Leitung des Unterrichtswesens. Die oberste Leitung des Unterrichts- 
wesens steht dem Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichtes zu . 
Ihm unterstehen die Hochschulen unmittelbar. Für die Beaufsichtigung und Leitung 
des Volks= und Mittelschulwesens besteht, in unmittelbarer Unterordnung unter das Unter- 
richtsministerium, eine Central-Mittelstelle, der Oberschulrath#. 
Zur Berathung in Fragen des religiösen Unterrichtes können die kirchlichen Be- 
hörden des Landes Vertreter bezeichnen. Bei wichtigen allgemeinen Fragen des Unterrichtes 
können Beiräthe aus der Zahl der Lehrer des Landes beigezogen werden. 
Für die Beaufsichtigung und Leitung des gewerblichen Schul= und Unterrichtswesens 
besteht, in unmittelbarer Unterordnung unter das Unterrichtsministerium, der Gewerbe- 
schulrath, eine Centralmittelbehörde, in der ein Mitglied des Ministeriums des Innern 
den Vorsitz führt"). Unter den ordentlichen Mitgliedern soll stets mindestens ein Mit- 
glied des Oberschulraths sein. Als außerordentliche Mitglieder werden ihr je auf 3 Jahre 
ernannte, im Unterrichts= oder Gewerbewesen erfahrene Persönlichkeiten beigegeben. 
Dem Gewerbeschulrath untersteht der Gewerbeschulinspektor. Allgemeine, das gewerb- 
liche Unterrichtswesen betreffende Anordnungen werden im Einverständniß mit dem Mini- 
sterium des Innern getroffen, in gleicher Weise die Mitglieder des Gewerbeschulrathes, die 
Vorstände der Kunstgewerbeschulen und Fachschulen ernannt, der Staatsvoranschlag für 
das gewerbliche Unterrichtswesen festgestellt. 
* 148. VII. Als staatliche Anstalten zur Förderung der Wissenschaften und Künste 
bestehen neben den Unterrichtsanstalten die Akademie der bildenden Künste in Karlsruhe 
(früher „Kunstschule"), die Sternwarte (z. Z. in Karlsruhe, später in Heidelberg), die Hof- 
und Landesbibliothek ) nebst Münzkabinet, das Naturalienkabinet und die Sammlungen für 
1) Das Unterrichtsministerium f. 8 5 d. ldh. Verord. v. 26. Juni 1892; El. Unt. Ges. Verord. 
d. Min. d. Inn. v. 9. Okt. 1869, G. u. V. Bl. Nr. XXVI, S. 455. 
2) Ldh. Verord. v. 20. April 1881, G. u. V. Bl. Nr. X, S. 127. 
3) Ldh. Verord. v. 12. Aug. 1862. Reg. Bl. Nr. XXXIX. S. 325. Er ist an die Stelle des 
Oberstudienrathes, der Oberschulkonferenz und der konfessionellen. Oberschulbehörden getreten. 
4) Ldh. Verord. v. 1. März 1892, G.u. V. Bl. XIV. S. 266. 
5) 1872 gleichzeitig mit den weiter genannten Anstalten aus der großherzoglichen Hofverwal- 
tung in die Verwaltung des Staates übergegangen, G. u. V.Bl. 1872, Nr. XXXUVIII, S. 350. Statut 
d. Hof= u. Landesbibliothek s. G.u. V Bl. 1874, Nr. LXIII, S. 646.
	        
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