Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

8 153. Insbesondere öffentlich-rechtliche Verhältnisse des kirchlichen Vermögens 317 
2. Staatsregierung und Kirchenregierung stehen rechtlich zu einander in dem Ver- 
hältnisse der gleichberechtigten Mitverwalter. Die thatsächliche Verwaltung aber geschieht 
durch die kirchlichen Organe. 
3. Bezüglich der Behörden, welche das den kirchlichen Bedürfnissen gewidmete 
Vermögen unmittelbar zu verwalten haben, gilt nach den angeführten Verordnungen 
Folgendes: 
a) die Pfründen werden von ihren Inhabern verwaltet. Das Vermögen der er- 
ledigten Pfründen verwaltet in der katholischen Kirche der Kapitelskämmerer und zwar, 
wenn nöthig, mit Hilfe eines bestellten Rechners, für den Interkalarfond, in der evange- 
lischen Kirche läßt solche der Oberkirchenrath durch einen von ihm bestellten Rechner für 
den Pfarrhilfsfond verwalten; 
b) das übrige örtliche, d. i. das für einen einzelnen Pfarrbezirk bezw. für ein 
einzelnes Kirchspiel bestimmte Vermögen wird in der katholischen Kirche unter dem Vorsitz 
des geistlichen Vorstandes durch den Stiftungsrath verwaltet. 
Die Mitglieder des Stiftungsrathes werden von den Katholiken der Pfarrei unter 
PLeitung des geistlichen Vorstandes auf einen Zeitraum von sechs Jahren gewählt. 
Der Bürgermeister, oder wenn dieser nicht katholisch sein sollte, das dienstälteste 
katholische Mitglied des Gemeindevorstandes, ist stets Mitglied des Stiftungsrathes. 
Der Rechner wird von der Stiftungskommission gewählt und sowohl von dem erz- 
bischöflichen Dekan als von der großherzoglichen Verwaltungsbehörde bestätigt?). 
In der evangelischen Kirche wird das örtliche Kirchenvermögen durch den, nach Maß- 
gabe der evangelischen Kirche bestellten, Kirchengemeinderath verwaltet. Der Bürgermeister 
oder, wenn dieser nicht evangelisch ist, das dienstälteste Mitglied des (politischen) Ge- 
meindevorstandes wohnt den Berathungen und Beschlüssen des Kirchengemeinderaths über 
die Verwaltung des örtlichen Kirchenvermögens an. Der Rechner wird von der groß- 
herzoglichen Verwaltungsbehörde bestätigt. 
Zu dem örtlichen Kirchenvermögen gehört außer den Pfründen und Messnereien ins- 
besondere: 
a) das Vermögen der Kirchenfabrik, das ist das zur Deckung des örtlichen Kult- 
bedürfnisses bestimmte Vermögen; 
6) Die Kirchen= und Pfarrhaus-Baufonds; 
) ferner in der katholischen Kirche: das Vermögen lokaler kirchlicher Vereine und 
Genossenschaften (Bruderschaften), insofern sie körperschaftliche Rechte erlangt haben, und 
ihre Statuten dies zulassen. 
c) In der katholischen Kirche wird das Vermögen der kirchlichen Distriktsstif- 
tungen von Kommissionen verwaltet, die zur Hälfte von der großherzoglichen Regierung, 
zur Hälfte von dem Erzbischof aus den Katholiken des Distrikts gewählt werden und sämmt- 
lich beiden Theilen genehm sein müssen. Der Vorsteher jeder dieser Kommissionen wird von 
ihr selbst gewählt, der ihr unterstehende Rechner muß sowohl von der großherzoglichen 
Regierung, als von dem Erzbischof bestätigt sein. 
In der evangelischen Kirche verwaltet der Oberkirchenrath die für ganze Landestheile 
bestimmten Fonds durch die hierzu aufgestellten Rechner. 
d) Den Interkalarfond und die übrigen allgemeinen kirchlichen Fonds verwaltet in 
der katholischen Kirche der katholische Oberstiftungsrath durch die hierzu aufgestellten Rechner. 
1) Angef. ldh. Verord. v. 20. Nov. 1861, § 4, Bekanntm. d. Kult. Min. v. 12. Mai 1890, 
G. u. V. Bl. Nr. XV, S. 167; Wahlordnung für die Mitglieder der kathol. Stiftungsräthe v. 13. Mai 
* erlassen vom erzbischöflichen Ordinariat im Einverständnisse mit großherzoglichem Ministerium 
es Innern.
	        
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