§ 154. Kirchliche Besteuerung. 323
gemeinde bezw. einer Gemeindevertretung ist erforderlich für jede Uebernahme eines Auf-
wandes oder einer Verpflichtung auf die Kirchengemeinde, welche eine Belastung der letzteren
auf die Dauer einer Mehrzahl von Voranschlagsperioden zur Folge hat.
Das auf Grund des Voranschlags nach dessen endgiltiger Feststellung gefertigte Steuer-
register wird von der das örtliche Kirchenvermögen verwaltenden Behörde der Bezirks-
verwaltungsbehörde vorgelegt und durch diese für vollzugsreif erklärt. Die im Register
verzeichneten Steuerbeiträge können sodann nach Maßgabe der Bestimmungen über die Bei-
treibung der Gemeindeausstände zwangsweise erhoben werden. Das Gesetz über die Ver-
jährung der öffentlichen Abgaben findet auch auf kirchliche Steuern Anwendung.
IV. Besondere Bestimmungen enthält das Gesetz für kirchliche Bauten.
Hiernach bleibt insbesondere unberührt die Befugniß der Staatsgewalt, über die
Nothwendigkeit von Kirchenbaulichkeiten, über die Größe des Bedürfnisses und über die
Verbindlichkeit zur vorsorglichen Baupflicht zu entscheiden.
Die Zustimmung einer Kirchengemeindeversammlung bezw. Gemeindevertretung (Ar-
tikel 4) ist einzuholen für jede kirchliche Baulichkeit, gleichviel ob die Bauführung Namens
der Kirchengemeinde selbst, oder Namens eines kirchlichen Fonds, oder Namens eines privat-
rechtlich Baupflichtigen geschieht, sofern nicht die Mittel zur Deckung des Aufwandes für
dieselbe vor Beginn des Baues sicher gestellt sind.
V. Zur Ausführung des Gesetzes ist, soweit nicht von der betreffenden Kirche
erlassene und durch die zuständige Staatsbehörde genehmigte Satzungen genügend Vorsorge
treffen, vorbehalten, für jede Kirche im Einverständniß mit deren im Großherzogthum
befindlichen oder für das Großherzogthum anerkannten obersten Leitung durch Regierungs-
verordnung oder durch Verfügung für den Einzelfall die nothwendigen Anordnungen zu
treffen.
In dieser Weise sind insbesondere die Grundsätze für die Bestellung der Kirchen-
gemeindevertretung für katholische Kirchengemeinden durch Verordnung des Kultus-
ministeriums bestimmt worden), ebenso die Wahlordnung für die Wahlen zur Kirchen-
gemeindevertretung in katholischen Kirchengemeinden und die Geschäftsordnung für die
Versammlungen der katholischen Kirchengemeinden und Kirchenvertretungen, und eine Vor-
anschlagsanweisung sowie eine Rechnungsanweisung für die Kirchensteuergelder des katho-
lischen Religionstheils erlassen 2).
Für den evangelischen Religionstheil ist ebenfalls im Wege der mit dem evan-
gelischen Oberkirchenrath vereinbarten Verordnung?) eine Voranschlags= und eine Rech-
nungsanweisung für die örtliche Kirchensteuer erlassen worden. Weitere Vollzugsbestim-
mungen waren Ffür diesen Religionstheil nicht erforderlich, da Seitens der großherzoglichen
Regierung dem evangelischen Oberkirchenrath gegenüber anerkannt worden ist"), daß bezüg-
lich der Bestellung der Kirchengemeindevertretung, der Gründe der Ausschließung vom
Stimmrecht, des Verfahrens bei den Wahlen zur Kirchengemeindevertretung, der Berufung,
Leitung, Geschäftsordnung und Auflösung der Kirchengemeindevertretung die Verfassung
der evangelischen Landeskirche als eine von der Kirche erlassene und durch die zuständige
Staatsbehörde genehmigte Satzung im Wesentlichen genügende Vorsorge trifft.
Die Zuständigkeit der Staatsbehörden in Vollziehung dieses Gesetzes ist durch
landesherrliche Verordnung vom 12. Okt. 1888 geregelt).
Die Verwaltungsgerichte entscheiden über Beiträge und persönliche Leistungen
1) V. 12. Mai 1890, G. u. V. Bl. Nr. XV, S. 167, 171, 192.
2) V. 1. Okt. 1892, G. u. V. Bl. Nr. XXXI, S. 501.
3) V. 6. Sept. 1890, G.u. V. Bl. Nr. XXXIX, S. 537.
4) Vgl. Reg.Begr. zu Art. 36 d. Ges. Entw. 5) G. u. V. Bl. Nr. XLII, S. 589.
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