Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

8 154. Kirchliche Besteuerung. 325 
kirchlicher Steuern bedarf es eines auf Vorschlag der betreffenden obersten Kirchenbehörde 
gefaßten Beschlusses einer kirchlich geordneten und staatlich anerkannten, aus Wahl der 
Kirchengenossen hervorgegangenen Vertretung derselben, sowie der staatlichen Genehmigung 
dieses Beschlusses. Ein solcher Beschluß hat sowohl den durch Steuer aufzubringenden 
Betrag als die Art der Verwendung zu bestimmen. 
2. Die Vertretung der Kirchengenossen (Artikel 5) kann ausschließlich aus weltlichen 
Mitgliedern zusammengesetzt werden. Besteht dieselbe aus geistlichen und weltlichen Mit- 
gliedern, so ist — zur Ausübung der ihr nach dem gegenwärtigen Gesetz zukommenden 
Befugnisse — hinsichtlich der geistlichen Mitglieder erfordert, daß dieselben aus der Wahl 
der im aktiven Kirchendienst stehenden Geistlichen hervorgehen und in ihrer Anzahl nicht 
mehr als ein Fünftel der Vertretung bilden. Die Stimmberechtigung zu diesen Wahlen 
regelt sich nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Besteuerung für örtliche kirchliche 
Bedürfnisse. 
Die Wahlordnung und Wahlbezirkseintheilung ist gemeinschaftlich durch die groß- 
herzogliche Regierung und die Kirchenbehörde festzustellen. 
Die Vertretung der Kirchengenossen wird von der obersten Kirchenbehörde im Ein- 
verständniß mit der großherzoglichen Regierung einberufen. 
3. Die Steuer ist von den dem Bekenntnisse der besteuernden Kirche angehörenden 
physischen Personen, welche den Wohnsitz (Aufenthalt) im Großherzogthum haben, auf- 
zubringen. 
Die durch Steuer aufzubringenden Summen sind auf die für die Steuerpflichtigen 
im Staatssteuerkataster festgestellten Grund= und Häuser-, Gefäll-, Gewerbe= und Kapital- 
rentensteuerkapitalien, sowie auf die Einkommensanschläge umzulegen. Die außerhalb des 
Wohnsitzes (Aufenthalts) der Steuerpflichtigen festgestellten Steuerkapitalien kommen jedoch 
nur in Betracht, wenn sie in einem einzelnen Steuerdistrikte den Betrag von 3000 Mk. 
erreichen. 
Steuerfrei sind: a) die Einkommensanschläge bis zu 200 Mk. einschließlich; b) die 
Steuerkapitalien jeder Art, wenn sie weder einzeln noch in ihrer Gesammtheit den Betrag 
von 1000 Mk. übersteigen. 
Der Betrag der für allgemeine kirchliche Bedürfnisse zu erhebenden Kirchensteuer 
darf für ein Kalenderjahr einen im Gesetz bezeichneten ziemlich niederen Höchstsatz nicht 
übersteigen. 
Die Erhebung der Betreffnisse an allgemeiner Kirchensteuer ist, soweit thunlich, durch 
die örtlichen Kirchengemeinden zu bewirken, letztere werden für hierbei ausfallende Steuer- 
beträge der Gesammtkirche im Großherzogthum nicht haftbar. 
Die auf die Kirchengenossen einer und der nämlichen örtlichen Kirchengemeinde oder 
eines Theils derselben entfallende Steuer für allgemeine kirchliche Bedürfnisse kann ganz 
oder theilweise auf das Einkommen des dortigen örtlichen Kirchenvermögens, einschließlich 
der kirchlichen Stiftungen, durch staatlich und kirchenobrigkeitlich genehmigten Beschluß der 
dasselbe verwaltenden Behörde übernommen werden, wenn jenes Vermögen unbeschadet der 
Erfüllung seiner Zweckbestimmung hierzu die Einkünfte bietet. 
4. Aus den Bestimmungen über das Verfahren zur Feststellung und Erhebung der 
Steuern ist hervorzuheben: 
Auf eine längere Zeit als auf sechs Jahre kann die Steuer nicht bewilligt werden. 
Der Beschlußfassung Seitens der Vertretung der Kirchengenossen hat die Aufstellung 
eines Voranschlags voranzugehen. 
Die Aufstellung geschieht durch die oberste kirchliche Landesbehörde. Sie ist in jeder 
Kirchengemeinde öffentlich aufzulegen und dem Kultusministerium mitzutheilen.
	        
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