330 Sechster Abschnitt: Die Landesverwaltung. IV. Kapitel. § 156.
Die Klasseneintheilung der Pfarreien und die Bestimmung der Alterszulagen sind
durch besonderes kirchliches Gesetz geregelt 7).
Die Hofprediger, die Garnisonsprediger, sowie Geistliche an öffentlichen Anstalten und
Schulen werden vom Großherzog unmittelbar, die Pfarrverweser und Hilfsgeistlichen, so-
weit deren Annahme nicht den Geistlichen selbst überlassen ist, vom Oberkirchenrath ernannt.
Ueber den Dekan s. o. Er ist insbesondere verpflichtet, nach Maßgabe besonderer
Instruktion die Kirchenvisitationen in allen Kirchengemeinden vorzunehmen oder durch ein
geistliches Mitglied des Dibzesanausschusses vornehmen zu lassen.
Der Oberkirchenrath besteht aus einem Präsidenten und der nöthigen Anzahl geist-
licher und weltlicher Mitglieder, nebst dem erforderlichen Kanzleipersonal.
Die Mitglieder werden vom Großherzog ernannt. Vgl. hierzu § 153. Er ist die
oberste Behörde der evangelisch-protestantischen Kirche des Landes, durch welche der Groß-
herzog das ihm zustehende Kirchenregiment ausübt).
In den Fällen, in welchen der Oberkirchenrath zuerst, oder aber gegen die Anträge
und Erkenntnisse aller Stellen, welche vor ihm erkannt oder verfügt haben, entschieden hat,
ist eine Beschwerde an den Großherzog zulässig. Der Oberkirchenrath hat jeder ordent-
lichen Generalsynode gewisse, in der Kirch. Verf. näher bezeichnete Vorlagen über das kirch-
liche Leben und die kirchliche Vermögensverwaltung zu machen.
Er ist ermächtigt, Verfügungen, welche die Zustimmung der Generalsynode erfordern,
in dringenden Fällen im Einverständniß mit dem Synodalausschusse und mit Genehmigung
des Großherzogs provisorisch zu treffen.
Besonders geregelt durch kirchliche Gesetze ist namentlich die gemeinsame Verwaltung
der Pfründen durch eine Centralpfarrkasse, welche den Pfarrern ihr Diensteinkommen aus-
folgt, die Zuruhesetzung von Pfarrern, die Versorgung ihrer Hinterbliebenen, wofür eine
besondere geistliche Wittwenkasse besteht, ferner die militär-kirchlichen Verhältnisse.
§ 156. b) Rechtliche Stellung der römisch-katholischen Kirche?). Die allgemeinen
Grundsätze über die Verfassung und Verwaltung der römisch-katholischen Kirche sind —
innerhalb des Rahmens der staatlichen Gesetze — für dieselbe auch insoweit maßgebend,
als sie ihre Wirksamkeit innerhalb des Großherzogthums Baden bethätigt. Es gelten aber
hierfür noch folgende besondere Bestimmungen:
I. Das Gebiet des Großherzogthums Baden nebst jenem der ehemaligen Fürsten-
thümer Hohenzollern bildet mit den Gebieten des Großherzogthums Hessen, des vormaligen
Kurfürstenthums Hessen nebst neun Pfarreien im Großherzogthum Sachsen-Weimar, des
Königreichs Württemberg und des ehemaligen Herzogthums Nassau nebst der Stadt Frank-
furt a. M., die oberrheinische Kirchenprovinz. Metropolit derselben ist der Erzbischof von
Freiburg, welchem die Bischöfe von Mainz, Fulda, Rottenburg und Limburg als Suffragan-
bischöfe zugewiesen sind. Der Diözesan-Sprengel von Freiburg umfaßt sonach das ganze
Gebiet des Großherzogthums Baden nebst dem der ehemaligen Fürstenthümer Hohenzollern?).
1) V. 5. Sept. 1861, Reg. Bl. Nr. XLIII, S. 372.
2) Näheres über seinen Geschäftskreis f. § 110 d. Kirch.Verf.
3) Vgl. das Großherzogthum Baden, S. 694 ff., 709 ff.
4) Ldh. Verord. v. 16. Okt. 1827, mit welcher die päpstlichen Bullen Provida sollersque vom
16. Aug. 1821 und Ad dominici gregis custodiam vom 11. April 1827 verkündet wurden als ge-
nehmigt, „ohne daß jedoch aus denselben auf irgend eine Weise Etwas abgeleitet oder begründet werden
kann, was Unseren Hoheitsrechten schaden oder ihnen Eintrag thun könnte oder den Landesgesetzen und
Regierungsverordnungen, den erzbischöflichen und bischöflichen Rechten oder den Rechten der evange-
lischen Konfession und Kirche entgegen wäre“. Reg.Bl. Nr. XXII, S. 211. Die betr. Pfarreien ge-
hörten früher theils zu der Konstanzer, theils zu der Straßburger, Speyerer, Wormser, Würzburger,
Basler und Regensburger Diözese. Nähere Beschreibung derselben siehe in dem „Realschematismus
der Erzdiözese Freiburg". Herausgegeben von dem erzbischöflichen Ordinariat.