88 169, 160. Rechtl. Verhältnisse ander. Religionsgenossenschaften. Die ausw. Angelegenheiten. 337
Beitragspflichtig sind hiernach — unter gewissen Voraussetzungen — diejenigen männ-
lichen reichsangehörigen Israeliten, welche seit zwei Jahren Einwohner der politischen Ge-
meinde sind, in welcher die Religionsgemeinde ihren Sitz hat.
Hat Jemand noch nicht zwei Jahre in einer solchen Religionsgemeinde seinen Sitz,
so ist er zu der Religionsgemeinde seines politischen bürgerrechtlichen Heimathortes bei-
tragspflichtig.
Die Umlage erfolgt theils nach vom Schatzungsrath festgesetzten Schatzungskapitalien,
theils als Personalbesteuerung. Je nach hergebrachter Uebung oder staatlich genehmigter
Ortssatzung sind auch Einkaufsgelder, insbesondere bei der Verehelichung, zu bezahlen ?).
Uebrigens kann durch landesherrliche Verordnung auch auf diese Besteuerung das
Ges. v. 26. Juli 1888 über die örtliche Kirchenbesteuerung für anwendbar erklärt werden ).
§ 159. e) Rechtliche Verhältnisse anderer Religionsgenossenschaften. Der Verein
der „Anhänger des Leipziger Glaubensbekenntnisses“ oder der „Deutschkatholiken“ besitzt
die Befugniß zu Abhaltung öffentlichen Gottesdienstes und Körperschaftsrechte (im privat-
rechtlichen Sinne). Er ist also in Beziehung auf die Abhaltung von Versammlungen
durch Abgeordnete oder Bevollmächtigte mehrerer Vereine, auf die Ausübung des Gottes-
dienstes und die Zulassung fremder Prediger keinen anderen Beschränkungen unterworfen,
als die übrigen Konfessionen. Im Uebrigen ist er lediglich ein Privatverein und die
Beziehungen der einzelnen Angehörigen des Vereins zur Gesammtheit desselben und dessen
Organen lediglich privatrechtliche 3).
Die übrigen religiösen Vereine, welche im Großherzogthum bestehen, sind ebenfalls
nur Privatvereine und besitzen keine Rechte, welche über die gemäß der jetzigen Gesetz-
gebung allen religiösen Vereinen zustehenden Rechte hinaus gingen"). Nur bei den Menno-
niten nimmt der Staat insofern auf ihre besonderen religiösen Anschauungen Rücksicht, als
bei ihnen an Stelle der Eidesleistung eine besondere Betheuerung an Eidesstatt gesetzlich
zugelassen ist?).
V. Kapitel.
Die auswärtigen Angelegenheiten.
§ 160. Die auswärtigen Angelegenheiten Badens gegenüber nichtdeutschen Staaten
fallen zum großen Theile zusammen mit jenen des Reiches und sind insoweit ausschließ-
lich vom Reiche zu vertreten?).
Soweit dies nicht der Fall, ist dem badischen Staate die eigene Vertretung derselben
und der Rechte der Staatsangehörigen gegenüber auswärtigen Staaten unbenommen.
Zu diesem Behufe steht dem Großherzog das Recht zu, badische Gesandte an nicht
deutschen Höfen bezw. andere badische diplomatische Vertreter bei nicht deutschen Regierungen
zu beglaubigen und solche Gesandte nicht deutscher Staaten bei sich bezw. bei der badischen
Regierung beglaubigen zu lassen.
1) Siehe Rechtsprechung, Nr. 1055—1069.
2) Art. 32 d. Ges. üb. d. Besteuerung f. allg. kirchl. Bedürfnisse.
Ueber die Verwaltung und Rechnungsführung bezünl. der israel. kirchl. Stiftungen s. Verord.
d. Kult. Min. v. 29. Dez. 1886, G. u. V. Bl. 1887, Nr. 1, S. 1
3) Höchste Entschl. aus großb. Staatsmin. v. 19. Mai 1848, bei Spohn, Bad. Staats Kirch.R.
S. 87, vgl. mit Höchster Entschl. aus großh. Staatsmin. v. 20. April 1846; ebendas. S. 86.
4) Ueber die früheren Verhältnisse der protestant. Separatisten s. Höchstes Edikt v. 5. Febr.
1805, Reg. Bl. Nr. 8, S. 30; Verord. v. 10. Mai 1808, Reg. Bl. Nr. 14, S. 121; prov. Ges. v. 14. März
1833, Reg. Bl. Nr. X, S. 45.
S. 249. 5) Ges. v. 5. Juni 1860, Reg. Bl. Nr. XXX, S. 215, u. v. 29. März 1870, G. u. V. Bl. Nr. XX,
6) R.Verf. Art. 11. S. Laband, Staatsrecht d. Deutsch. Reiches, II. Aufl., in ds. Hdb. 8 26.
Handbuch des Oeffentlichen Rechts III. 2. Aufl. Baden. 22