Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

28 Zweiter Abschnitt: Staat und Staatsverfassung. II. Kapitel. § 16. 
folge berufen in einem anderen Staate sein. Er hat in solchem Falle entweder der außer- 
badischen Regierung zu entsagen oder aber es geht die Nachfolge in dem Großherzogthum 
Baden an den nächstberechtigten nicht in gleichem Falle befindlichen Herrn über ½; 
h) Regierungsfähigkeit. Der Eintritt der Regierungsunfähigkeit erst nach der Er- 
langung des Thrones bewirkt nur das Eintreten einer Regentschaft?); 
i) rechtliche Unabhängigkeit. Mit der Souveränetät des Staatsoberhauptes ist es 
nicht vereinbar, daß dieselbe — abgesehen von den Beziehungen zu Kaiser und Reich und 
abgesehen von den Fällen, in welchen eine Regentschaft einzutreten hat — von irgend 
Jemanden rechtlich abhängig seis). 
2. Erbfolgeordnung. Die Ordnung der Regierungsnachfolge wird unter den 
Gliedern des Mannsstammes durch das Recht der Erstgeburt und durch die darauf gegründete 
agnatische Erbfolge nach folgenden fünf Linien bestimmt: 
a) die Linie der von Großherzog Karl abstammenden männlichen Nachkommen. Sie 
ist im Mannsstamm erloschen; 
b) die Linie des Großherzogs Ludwig. Sie ist mit ihm erloschen; 
I) die Linie des verstorbenen Großherzogs Leopold. Sie blüht zur Zeit auf dem 
Throne; 
d) die Linie des verstorbenen Markgrafen Wilhelm Ludwig August. Sie ist im 
Mannsstamme erloschen; 
e) die Linie des Markgrafen Maximilian Friedrich Johann Ernst. Sie ist mit ihm 
erloschen. 
Wenn der Mannsstamm des großherzoglichen Hauses in allen diesen Linien er- 
löschen sollte, so geht die Erbfolge auf die männlichen, ehelichen, ebenbürtigen Nachkommen 
der Prinzessinnen aus dem großherzoglichen Hause so über. daß ohne Rücksicht auf die 
Nähe der Verwandtschaft mit dem letztverstorbenen Regenten jederzeit nach dem Erst- 
1) Im Hausgesetz zwar zunächst nur für den Fall des Uebergangs der Krone an „.die weib- 
liche Linie bestimmt, aber, nach der Natur dieser Bestimmung, welche eine Personalunion ausschließen 
will, ein auch bei der agnatischen Erbfolge geltender allgemeiner Grundsatz. 
2) Nach dem am 24. April 1852 erfolgten Tode des Großherzogs Leopold machten schwere 
Geistes- und Leibeskrankheit dem damaligen Erbgroßherzog Ludwig nach dem übereinstimmenden Aus- 
spruch seiner durchlauchtigsten Frau Mutter und der Agnaten des großherzoglichen Hauses unmög- 
lich, die kraft der Haus= und Landesgrundgesetze auf ihn übergegangene Regierung anzutreten oder 
für deren Verwaltung Fürsorge zu treffen. Es trat deshalb der nächstberechtigte Prinz — der jetzige 
Großherzog Friedrich — als Regent die Regierung des Großherzogthums mit allen der Souveränetät 
innewohnenden Rechten an und führte fie als Stellvertreter des Großherzogs Ludwig, unterließ je- 
doch, von brüderlichen Gefühlen geleitet, die großherzogliche Würde anzunehmen. Patent vom 
24. April 1852, Reg. Bl. Nr. XIX, S. 147. 
Durch Patent v. 5. Sept. 1856 nahm derselbe die großherzogliche Würde an. In dem Patent 
wird gesagt: „Wir vermögen uns aber, nach den Erfahrungen von mehr als vier Jahren, nicht zu 
verhehlen, daß Wir zur Wahrung aller Interessen Unseres geliebten Landes, sowie zur vollen Aus- 
übung Unserer Rechte und Pflichten, Uns der Annahme der großherzoglichen Würde auf die Dauer 
nicht entschlagen können, und dürfen Uns der Erwägung nicht entziehen, daß, wenn wir ein Uns 
hausgesetzlich zustehendes Recht auch fernerhin ruhen lassen, hierdurch nicht mehr Unsere Person allein 
berührt werden würde. 
Indem wir daher Unsere persönlichen Gefühle den Rücksichten auf die Zukunft Unserer eigenen 
Familie und Unseres Landes unterordnen, finden wir Uns in diesem Entschlusse bestärkt durch die 
wiederholt und noch ganz neuerlich an Uns gelangten Wünsche Unserer gedachten Agnaten: durch 
Annahme der großherzoglichen Würde alle mit ihrem früheren Ausspruche hausgesetzlich verbundenen 
Folgen zur Anwendung zu bringen. 
Demnach erklären Wir, daß Wir die mit dem Thronanfalle Uns überkommene großherzogliche 
Würde nebst allen ihren Rechten und Vorzügen andurch annehmen und den Titel „Großherzog von 
Baden“ führen werden“. Reg. Bl. 1856, Nr. XXXVI, S. 321. 
Nach Patent vom gleichen Tag sollte hierdurch eine Aenderung in dem seitherigen Titel des 
Großherzogs Ludwig nicht eintreten Reg. Bl. 1856, Nr. XXXVI, S. 322. 
3) Z. B. als katholischer Priester. Anders für Bayern, Seydel i. dies. Hdb. S. 28.
	        
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