88 17, 18. Außerordentliche Thronfolge. Die Thronerwerbung. 29
geburtsrecht und der Linealerbfolge-Ordnung zur Regierung des Großherzogthums
gelangen ½ zuerst
a) die männlichen Nachkommen der Prinzessinnen aus der Linie des Großherzogs
Karl ?, sodann
b) diejenigen der Töchter des Erbprinzen Karl Ludwig, Sohnes des Großherzogs
Karl Friedrich und Vaters des Großherzogs Karl, sodann
I) diejenigen der Prinzessinnen aus der Linie des Großherzogs Ludwig. Solche sind
nicht vorhanden;
d) diejenigen der Prinzessinnen aus den drei Linien der Descendenz zweiter Ehe des
Großherzogs Karl Friedrich, nämlich:
o) des Großherzogs Leopold;
8) des Markgrafen Wilhelm Ludwig August;
J) des Markgrafen Maximilian Friedrich Johann Ernst. Dieser Herr ist unvermählt
gestorben.
§ 17. B. Außerordentliche Thronfolge. Da das Recht auf die Regierung nicht ein
Privatrecht des Regenten ist, so kann dieser für sich allein selbst für den Fall, daß haus-
gesetzlich Thronfolgeberechtigte nach seinem Tode nicht vorhanden sein sollten, über die Thron-
folge keine Bestimmung treffen und zwar weder in der Form einer landesherrlichen Ver-
ordnung, noch in der eines Testamentes. Eine solche Bestimmung kann vielmehr nur in
der Form eines Verfassungsgesetzes zu Stande kommen.
§ 18. 3. Die Thronerwerbung. Nach dem Grundsatze, daß der Staat keinen Augen-
blick ohne Oberhaupt sein kann, sowie gemäß den auch für das gesetzliche Privaterbrecht
geltenden Grundsätzen geht die Krone im Augenblick des Todes ihres seitherigen Inhabers
auf den Regierungsnachfolger über. Dieser Uebergang erfolgt ohne Weiteres kraft Gesetzes,
ohne daß es zu diesem Zwecke einer besonderen Handlung oder Erklärung Seitens des
neuen Regenten oder anderer Personen bedürfte. «
Es pflegt jedoch der neue Großherzog seinen Regierungsantritt in einer öffentlichen
Erklärung kund zu thun, mit welcher die Versicherung verbunden wird, die Verfassung des
Landes heilig zu halten, dessen Wohlfahrt möglichst zu befördern, Jeden in seinem Recht,
seinen Würden und Aemtern zu schützen, und worin die Diener des Staates in ihrem
Wirkungskreis bestätigt werden?).
Eine besondere Huldigung Seitens der Diener des Staates oder der Unterthanen bei
dem Regierungsantritte eines neuen Regenten ist nicht gesetzlich nothwendig, da die regel-
mäßig von jedem Staatsbürger zu leistende Huldigung als Erbhuldigung sowohl dem regie-
renden Großherzog als seinem Regierungsnachfolger gilt"), sie kann jedoch aus besonderen
Gründen angeordnet werden)).
Im Verhältniß des neu zur Regierung gelangten Großherzogs zu seinem Vorgänger
ist die öffentlich-rechtliche Eigenschaft des Monarchen als des Staatsoberhauptes von der
1) Rechtliche Bedenken gegen diese Bestimmung, wornach die Nachkommen der sog. Regredient-
erbin, nicht die der sog. Erbtochter in der Regierung nachfolgen sollen, s. bei Pfister 1, S. 505 ff.
2) Von diesen Prinzessinnen war die älteste an den Prinzen Gustav von Wasa, die zweite
an den Fürsten Karl von Hohenzollern-Sigmaringen, die dritte an den Herzog von Hamilton vermählt.
3) Vgl. d. Patent v. 30. März 1830 beim Regierungsantritt des Großherzogs Leopold,
Reg. Bl. Nr. VII, S. 63, u. jenes v. 24. April 1852 beim Regierungsantritt des Großherzogs (da-
mals Regenten) Friedrich, Reg. Bl. Nr. XIX, S. 147.
Ein anderweites Gelöbniß des Großherzogs bezüglich der Aufrechterhaltung der Staatsverfassung
verlangt das badische Recht nicht.
4) VI. Konst. Ed. § 6.
5) So z. B. beim Regierungsantritte des Großherzogs Friedrich für ihn als Regenten. S. d.
angef. Patent v. 24. April 1852.