Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

30 Zweiter Abschnitt: Staat und Staatsverfassung. II. Kapitel. 819. 
privatrechtlichen des Privatmannes zu unterscheiden. Als Staatsoberhaupt verkörpert der 
Großherzog den Staat, ist Träger der Staatsgewalt. Durch den Regierungswechsel wechselt 
also nur der Repräsentant des Staates, der Träger der Staatsgewalt. Staat und Staats- 
gewalt aber bleiben unverändert. Daraus folgt, daß der Wechsel der Person des Groß- 
herzogs in keiner Weise einen Grund abgibt, weshalb Akte der Staatsgewalt, welche seither 
in rechtlicher Wirkung bestanden, ihre Wirksamkeit verlieren sollten, mit a. W. daß der 
Regierungsnachfolger an die Regierungsakte des Regierungsvorgängers genau ebenso und 
unter den nämlichen Voraussetzungen gebunden ist, wie dieser selbst. Es folgt daraus 
ferner, daß an den Vermögensrechten, welche dem Staat an gewissen Gegenständen zustehen, 
durch den Thronwechsel keinerlei Aenderung eintritt, daß diejenigen Vermögensvortheile, 
welche dem Regierungsvorgänger nur in seiner Eigenschaft als Staatsoberhaupt zustanden, 
auf den Regierungsnachfolger übergehen, nicht minder aber die entsprechenden Lasten. 
Diejenigen Vermögensrechte dagegen, welche dem seitherigen Großherzog als Privat- 
person kraft Privatrechtes zukamen — wozu auch die Ersparnisse an der Civilliste zu 
rechnen sind — gehen mit den entsprechenden Verpflichtungen auf die Privaterben über, 
zu welchen der Regierungsnachfolger nicht nothwendig gehört. Bei einem Regierungswechsel 
ist somit eine Auseinandersetzung dieser Verhältnisse nothwendig. 
§ 19. 4. Beendigung der Throninhabung. Der jeweilige Träger der Staatsgewalt, 
das Staatsoberhaupt, hört nothwendig auf, dies zu sein mit dem Augenblick, in welchem 
er aufhört, thatsächlich zu existiren, d. i. mit dem Tod. 
Er kann ferner möglicher Weise thatsächlich von der Regierung entfernt werden. 
Dies ist jedoch, da das badische Staatsrecht, den Grundsätzen der Monarchie entsprechend, 
keine Absetzung des Staatsoberhauptes kennt, lediglich eine rechtswidrige, revolutionäre 
Handlung — Hochverrath —. Der durch sie geschaffene Zustand kann nur unter den 
gleichen Voraussetzungen in einen rechtlichen übergehen, wie dies überhaupt bei revolutio- 
nären möglich ist. 
Ebensowenig tritt — abgesehen von etwaiger nachträglicher Feststellung des Mangels 
der Erbfolgeberechtigung — ein Verlust des Thrones dadurch ein, daß etwa der zeitweilige 
Throninhaber eine der Eigenschaften verlöre, welche zur Erlangung des Thrones noth- 
wendig sind, insbesondere nicht dadurch, daß er in Folge unheilbaren geistigen oder körper- 
lichen Gebrechens oder durch Verlust der Unabhängigkeit regierungsunfähig würde. In 
solchen Fällen tritt nur eine Regentschaft ein ½. 
Nur durch freiwillige Entsagung des Throninhabers selbst?) kann, abgesehen vom 
Tode, in rechtlicher Weise ein Wechsel in der Person des Staatsoberhauptes herbeigeführt 
werden. Zu einer solchen Rechtshandlung muß nach allgemeinen staatsrechtlichen Grund- 
sätzen der Großherzog für berechtigt erachtet werden. Die Entsagung hat zunächst nur die 
Wirkung, daß diejenige Person, welche seither Großherzog war, aufhört, dies zu sein. 
Alle Rechtsfolgen, welche sich hieraus ergeben, bestimmen sich, unabhängig von dem Willen 
des seitherigen Großherzogs, lediglich nach Maßgabe der Staatsverfassung; insbesondere 
1) Das badische Recht bestimmt zwar hierüber Nichts ausdrücklich. Allein gerade deswegen 
darf, da die Inhabung der Staatsgewalt nach dem Begriffe der Monarchie lebenslänglich mit der 
Person Desjenigen, der einmal gesetzlich Träger derselben geworden ist, verknüpft ist, der Verlust des 
Thrones nicht vermuthet werden. Die Gründe, ein Recht nicht zu erlangen, sind auch nach allgemeinen 
Grundsätzen keineswegs nothwendig Gründe, ein erlangtes Recht zu verlieren. 
2) „Throninhaber“ im rechtlichen Sinne wird nach dem in § 18 Ausgeführten der zunächst 
Thronfolgeberechtigte unmittelbar durch den Tod des Großherzogs, auch wenn er bei Lebzeiten des- 
selben auf die Thronfolge verzichtet haben sollte, bis der Verzicht nach Anfall der Krone wiederholt 
und damit zur staatsrechtlichen That geworden ist, denn an und für sich ist das Thronfolgerecht kein 
Denn privater Willensakte, sonach ein Verzicht auf dasselbe vor dem Thronanfalle nicht recht- 
ich bindend.
	        
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