Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

32 Zweiter Abschnitt: Staat und Staatsverfassung. II. Kapitel. § 21. 
§ 21. IV. Rechtliche Stellung des Großherzogs. A. Im Allgemeinen. Da Baden 
ein monarchischer Staat, ist das Oberhaupt desselben, der Großherzog, aus eigenem Rechte 
und allein der Träger der gesammten Staatsgewalt, Niemanden im Staate unterthan, 
Jedermann ihm. Daraus folgt für seine Person, was die V. U. in § 5 mit den Worten 
ausdrückt: „Seine Person ist heilig und unverletzlich“, d h. 
a) er steht über jedem menschlichen Richter und kann wegen keiner Handlung, die, 
wenn von einer anderen Person begangen, Unrecht sein würde, für seine Person zu irgend 
einer Art von rechtlicher Verantwortung gezogen werden, und zwar gleichviel, ob er die 
Handlung als Regent oder als Privatmann vorgenommen hat. Für seine Regentenhandlungen 
sind jeweils diejenigen Minister verantwortlich, welche zu denselben zugestimmt haben. 
In vermögensrechtlichen Angelegenheiten dagegen unterstehen auch die privatrecht- 
lichen Beziehungen des Großherzogs als Inhabers von Vermögensrechten zu anderen Per- 
III. Ist die zur Regentschaft berufene Person ebenfalls verhindert, die Regentschaft zu über- 
nehmen, so geht dieselbe ohne Rückfall an den nächstfolgenden Berechtigten über. Ausnahmsweise 
fällt die Regentschaft, wenn der Thronfolger selbst zur Regentschaft berufen, aber wegen Minder- 
jährigkeit oder Abwesenheit verhindert war, dieselbe zu übernehmen, bei eingetretener Volljährigkeit 
oder nach seiner Rückkehr an denselben zurück. 
IV. Mit dem Anfall der Regierung an einen minderjährigen Großherzog tritt die Regentschaft 
kraft Gesetzes ein und hört mit der Volljährigkeit desselben in gleicher Weise wieder auf. 
V. Befindet sich der präsumtive Thronfolger in der Lage von Ziff. I, Abs. 2, so kann durch 
ein Gesetz je nach der Beschaffenheit des Falles bestimmt werden, daß derselbe von der Thronfolge 
ausgeschlossen sein oder daß eine Regentschaft eintreten soll. 
VI. Sollte bei einem zur Regierung gelangten Großherzog nach Ansicht des Staatsministeriums 
einer der Fälle von Ziff. I, Abs. 2 eingetreten sein, so hat das Ministerium das Recht und die 
Pflicht, auf Anregung und jedenfalls nach Erwägung der Wünsche und des Gutachtens des Familien= 
rathes des großherzoglichen Hauses, den versammelten oder unverzüglich von ihm einzuberufenden 
Stände den Antrag auf Eintritt einer Regentschaft vorzulegen. 
Die beiden Kammern bezeichnen jede durch Wahl sechs Mitglieder, welche die Frage, ob eine 
zureichende Ursache zur Bestellung einer Regentschaft vorhanden sei oder nicht, gemeinsam prüfen und 
so lange beisammen bleiben, bis fie sich über Bejahung oder Verneinung der Frage geeinigt haben. 
Gemäß dem Wahrspruch der 12 Mitglieder fassen die beiden Kammern ihre Beschlüsse über 
den Antrag des Staatsministeriums. 
Mit dem zustimmenden Beschlusse der beiden Kammern ist die Regentschaft eingetreten. 
VII. Das Staatsministerium ist von der Berufung des Familienrathes bis nach erfolgter 
Beschlußfassung der Stände und bis zur Uebernahme der Regentschaft burch den Regenten zur vollen 
Ausübung der Regierungsrechte ermächtigt und kann in der Zwischenzeit nicht entlassen werden. 
Dasselbe ist berechtigt, gleichzeitig mit dem Antrag auf Einsetzung der Regentschaft an die 
Stände den Antrag zu bringen, daß es für die zum Behufe dieser Beschlußfassung getroffenen Maß- 
regeln von jeder weiteren Verantwortlichkeit entbunden werde. Die Ständeversammlung faßt darüber 
ohne Verzug den geeigneten Beschluß. 
VIII. Der Regent übt im Namen des Großherzogs dessen verfassungsmäßige Regierungsgewalt 
voll und unverkürzt aus. Er leistet, wenn die Stände versammelt sind, vor den Ständen, wenn die 
Stände nicht beisammen sind, vor dem ständischen Ausschuß und dem Staatsministerium den Eid, 
die Verfassung fest und unverbrüchlich zu halten. 
IX. Tritt die Regentschaft wegen Minderjährigkeit des Großherzogs ein, so ist der § 7 des 
Apanagengesetzes vom 21. Juli 1839 für die Kosten maßgebend. Wird aus einer anderen Ursache 
eine Regentschaft eingesetzt, so sind unmittelbar nach Einsetzung derselben die Unterhaltungskosten 
für die großherzogliche Hofhaltung und für die Hofhaltung und Repräsentation des Regenten durch 
ein Spezialgesetz zu ordnen. 
X. Aus der Bestellung des Regenten folgt nicht die Ernennung desselben zum Vormund über 
die Person und das Vermögen des Großherzogs. Vielmehr bleibt die Bestellung der Vormundschaft 
den autonomischen Anordnungen des großherzoglichen Hauses vorbehalten. 
XI. Der Großherzog kann im Falle einer vorübergehenden Verhinderung für seine Stell- 
vertretung in Ausübung bestimmter Regierungsrechte Vollmacht ertheilen (s. o.). 
Tritt die Nothwendigkeit einer solchen Stellvertretung ein und ist der Großherzog selbst ver- 
hindert, für dieselbe zu sorgen, so finden für die Dauer der Verhinderung die Bestimmungen der 
Ziff. VI u. VII ihre Anwendung. 
XII. Sollte bei eintretender Thronerledigung die Geburt eines Nachfolgers erwartet werden, 
so finden die für den Fall von Ziff. I, Abs. 1 vorgesehenen Bestimmungen Anwendung.
	        
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