Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

52 Zweiter Abschnitt: Staat und Staatsverfassung. III. Kapitel. 8 B0. 
3. Aus gewählten Mitgliedern und zwar: 
a) aus acht Abgeordneten des grundherrlichen Adels, von diesem gewählt aus seiner 
Mitte. Wahlberechtigt sind alle im Lande wohnenden staatsangehörigen Besitzer von Grund- 
herrschaften oder Theilhaber an solchen, welche das 21. Lebensjahr zurückgelegt haben und 
im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte sich befinden, desgleichen diejenigen adeligen Güter- 
besitzer, welchen der Großherzog die Stimmfähigkeit und Wählbarkeit bei der Grundherren= 
wahl beigelegt hat ?. 
Wählbar sind alle stimmfähigen Grundherren, die das 25. Lebensjahr zurückgelegt 
haben. Jede Wahl gilt — vorausgesetzt, daß der Landtag nicht vorher aufgelöst wird — 
für acht Jahre, alle vier Jahre tritt die Hälfte der grundherrlichen Abgeordneten aus?). 
Das Großherzogthum ist in zwei grundherrliche Wahlbezirke eingetheilt, jenen ober- 
halb der Murg mit dem Wahlorte Freiburg, und jenen unterhalb der Murg mit dem Wahl- 
orte Mannheim. Jeder Bezirk wählt vier Abgeordnete 5). 
Die Grundherren eines jeden dieser Bezirke wählen die Abgeordneten aus ihrer Mitte 
unter Leitung eines landesherrlichen Kommissärs in geheimer Wahl, wobei Vertretung ab- 
wesender Stimmberechtigten durch bevollmächtigte anwesende stimmberechtigte Grundherren 
zulässig ist, mittelst in Umschläge gelegter Stimmzettel. Es entscheidet relative Stimmen- 
mehrheit und bei Stimmengleichheit das Loos ). 
b) Aus zwei Abgeordneten der Landesuniversitäten Heidelberg und Freiburg, für jede 
dieser Universitäten gewählt aus der Mitte der Professoren oder aus der Zahl der Gelehr- 
ten oder Staatsdiener des Landes durch die ordentlichen Professoren, jeweils auf die Zeit 
von vier Jahren mit gleichzeitigem Austritt Beider mit der Hälfte der grundherrlichen 
Abgeordneten?). Die Wahl, bei welcher Stellvertretung erweislich ohne Schuld Verhinder- 
ter zulässig ist, erfolgt an jeder Universität in einer vollständigen Versammlung der ordent- 
lichen Professoren, von welchen ¾ anwesend oder vertreten sein müssen, unter Leitung 
des Prorektors (unbeschadet seines Stimmrechts) durch geheime Abstimmung in ähnlicher 
Weise wie bei der Grundherren-Wahl. Es entscheidet jedoch absolute Stimmenmehrheit ). 
Wird diese beim ersten Wahlgang nicht erreicht, so entscheidet bei Stimmengleichheit von 
nur zwei Vorgeschlagenen das Loos, andernfalls Stichwahl unter denjenigen drei oder 
mehreren Vorgeschlagenen, welche die drei höchsten Stimmenzahlen erhalten haben; wenn 
diese erfolglos bleibt, Stichwahl unter denjenigen zwei oder mehreren Vorgeschlagenen, 
welche die zwei höchsten Stimmenzahlen erhalten haben, sodann relative Stimmenmehrheit, 
endlich das Loos?). 
4. Aus den vom Großherzog, ohne Rücksicht auf Stand und Geburt ernannten Mit- 
leihung eines kirchlichen Amtes, als die Ernennung eines evang. Geistlichen zum lebenslänglichen 
Mitgliede der Ersten Kammer, also ein Staatsakt. Nach der jetzigen evang. Kirchenverfassung ist 
der za zugleich Mitglied des evang. Oberkirchenrathes und muß schon als solcher der Regierung 
„genehm sein. 
1) Der Großherzog kann adeligen Gutsbesitzern die Stimmfähigkeit und Wählbarkeit bei der 
Grundherrenwahl beilegen, wenn sie ein Stamm-= oder Lehngut besitzen, das in der Grund= und Ge- 
fällsteuer, nach Abzug des Lastenkapitals, wenigstens auf 60000 fl. angeschlagen ist, und nach dem 
Rechte der Erstgeburt nach der Lineal--Erbfolge vererbt wird. V.U. § 29. Vgl. über die Grundherren § 11. 
2) V. U. § 29. Der Besitz mehrer Grundherrschaften gibt kein Recht auf mehrere Stimmen. 
Von mehreren Theilhabern an einer Grundberrschaft ist jeder stimmfähig und wählbar. 
3) V. U. § 2. Ueber die Stimmberechtigung bei Wahlen zur Ersten Kammer erkennt der Ver- 
Farn V. R. Pfl. G. § 3 Ziff. 18, auf Klagen gegen Entschließungen des Ministeriums des 
nnern. 
4) Whl.O. §§ 1— 20. 
5) V. U. § 32; G. v. 5. Aug. 1841, Reg.Bl. Nr. XXV, S. 213, §5 2; Whl.O. 8§ 21, 24. 
6) D.kh. es muß auf eine Person wenigstens eine Stimme mehr gefallen sein, als die Zahl 
der übrigen ihr nicht zugefallenen Stimmen der Anwesenden und Vollmachtgeber beträgt. V. U. § 27. 
7) Whl.O. §§ 21—33.
	        
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