Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

882. Bedingungen der Thätigkeit der Landstände. 57 
Wer in Folge der Erneuerung oder aus einem der unter a—e bezeichneten Gründe. 
ausgetreten ist, ist wieder wählbar 9. 
§ 32. III. Bedingungen der Thätigkeit der Landstände. Die Einberufung der 
Landstände, desgleichen die Vertagung, Schließung und Auflösung steht nur dem Groß- 
herzog zu. Die Kammern können sich weder eigenmächtig versammeln, noch nach erfolgter 
Vertagung, Schließung oder Auflösung beisammenbleiben und berathschlagen?). Die Art 
der Erneuerung ist gesetzlich bestimmt. Des Näheren gilt Folgendes: 
1. Die Einberufung geschieht durch höchste Entschließung des Großherzogs auf den 
Tag und an den Ort, welchen er bestimmt — regelmäßig in die Residenzstadt Karlsruhe. 
Alle zwei Jahre muß eine Bersammlung der Landstände stattfinden ). Es ist 
jedoch dem Großherzog unbenommen, die Landstände auch zu einer früheren Zeit innerhalb 
dieser zwei Jahre zu einer außerordentlichen Versammlung einzuberufen. Eine gesetzliche 
Bestimmung, wonach der Thätigkeitskreis eines solchen außerordentlichen Landtags enger 
begrenzt wäre, als jene des ordentlichen, besteht nicht. Ebensowenig besteht eine solche, 
wonach die Ständeversammlung unter gewissen Voraussetzungen einberufen werden müßte 0. 
Die Einberufung, gleichwie die Vertagung, die Schließung und die Auflösung er- 
streckt sich stets auf die gesammte Ständeversammlung, d. i. auf beide Kammern gleich- 
zeitig (s. o.). 
Jeder Landtag wird in den für diesen Fall vereinigten Kammern vom Großherzog 
in Person oder von einem von ihm ernannten Kommissär eröffnet 5). Bei dieser Eröff- 
nung pflegt der Großherzog, falls er in Person dieselbe vollzieht, eine Ansprache an die 
Versammlung („Thronrede") zu halten, sodann haben sämmtliche neu eintretenden Mit- 
glieder den vorgeschriebenen Eid zu leisten ). Vor geschehener Eröffnung kann keine 
Kammer andere als ihre Konstituirung vorbereitende Beschlüsse fassen. 
Einmal eröffnet, dauert die Ständeversammlung fort, bis der Großherzog sie schließt 
oder auflöst?). 
2. Die Vertagung der Ständeversammlung ist diejenige Anordnung des Groß-= 
herzogs, welche dahin geht, daß die Thätigkeit der Ständeversammlung bis auf seine weitere 
Anordnung zu ruhen habe. Während der Zeitdauer der Vertagung dürfen keine Sitzungen 
gehalten werden. Die Kammern behalten jedoch ihre seitherige Zusammensetzung und Kon- 
stituirung, die nach erfolgter Wiedereinberufung wieder aufgenommene Thätigkeit ist nur 
eine Fortsetzung derjenigen des nämlichen Landtags vor seiner Vertagung)?). 
1) V. U. § 40. 2) V. U. 8§ 4, 52. 
3) V. U. § 46. Diese regelmäßige Versammlung ist der „ordentliche Landtag“. Ueberein- 
stimmend mit dieser zweijährigen Periode wird auch das Auflagengesetz in der Regel für zwei Jahre 
gegeben („zweijährige Budgetperiode“, V.U. § 54). — Ein Gesetz v. 14. April 1825 (Reg. Bl. Nr. VI, 
S. 23), welches die Dauer der Landtagsperiode, sowie der Budgetperiode auf 3 Jahre verlängert 
hatte, ist durch Gesetz v. 8. Juni 1831, Reg. Bl. Nr. X, S. 79, wieder beseitigt worden. Vgl. V. U. 8 79. 
4) Nur muß in dem Falle, wenn die Ständeversammlung aufgelöst worden ist, ehe der 
Gegenstand ihrer Berathungen erschöpft war, längstens innerhalb drei Monaten zu einer neuen Wahl 
geschritten werden, V. U. § 44. 5) V. U. § 68. 
6) Der Eid lautet: 
„Ich schwöre Treue dem Großherzog, Gehorsam dem Gesetze, Beobachtung und Aufrechthaltung 
der Staatsverfassung und in der Ständeversammlung nur des ganzen Landes allgemeines Wohl und 
Bestes, ohne Rücksicht auf besondere Stände oder Klassen, nach meiner inneren Ueberzeugung zu 
berathen: So wahr mir Gott helfe!“ V. U. § 69. Auch die wiedergewählten und wiederernannten Mit- 
glieder haben diesen Eid abermals zu leisten. 
7) Eine mittelbare Nöthigung dazu, das Eine oder Andere zu thun, liegt in der Bestimmung 
des § 78 der V. U., wornach kein Landtag, welcher bereits theilweise hätte erneuert werden sollen, 
das Budget für die folgende Periode votiren darf, sondern hierzu der regelmäßig zur Hälfte erneuerte 
berufen werden muß. 
8) V. U. §§ 42, 52. Verschieden von dieser eigentlichen, gleichzeitig beide Kammern ergreifenden
	        
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