Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

887. Mitwirkung bei einzelnen Handlungen der Finanzverwaltung. 65 
Diese Grundsätze finden insbesondere auch auf die durch Anlehen beschafften Mittel 
Anwendung. 
§ 37. 4. Mitwirkung bei einzelnen Handlungen der Finanzverwaltung. 1. Bei 
dem Staatsschuldenwesen haben die Landstände in einer doppelten Weise mitzuwirken: 
bei der Aufnahme von Anlehen und bei der Verwaltung der Staatsschuld. 
a) Aufnahme von Anlehen. 
Ohne Zustimmung der Stände kann kein Anlehen zu Lasten des Staates giltig auf- 
genommen werden?). 
Ausnahmsweise ist die Zustimmung der Stände nicht oder nicht sofort erforderlich 
in folgenden Fällen: 
o) Bei Anlehen, wodurch etatsmäßige Einnahmen zu etatsmäßigen Ausgaben nur 
anticipirt werden. 
8) bei Geldaufnahmen der Amortisationskasse, zu denen sie vermöge ihres Fundations- 
gesetzes ermächtigt ist. Näheres hierüber s. bei der Darstellung des Staatsschuldenwesens. 
J) Wenn ein Anlehen, dessen Betrag die Summe von 500,000 fl. (857,142 M.) 
nicht übersteigt, wegen außerordentlicher, unvorhergesehener, dringender Staatsausgaben 
oder wegen außerordentlicher Revenüenausfälle, zu deren Deckung die wirklichen Einnahmen 
der Staatskasse, neben Benützung des ständigen oder etwa durch das Budget bewilligten 
außerordentlichen Kredits nicht hinreichend sind, nothwendig wird, genügt die Zustimmung 
des ständischen Ausschusses. Die gepflogenen Verhandlungen sind jedoch dem nächsten Land- 
tag vorzulegen 2. 
5) Bei Rüstungen zu einem Kriege und während der Dauer eines Krieges kann der 
Großherzog zur schleunigen und wirksamen Erfüllung seiner Pflichten gegen das Reich 
auch vor eingeholter Zustimmung der Stände giltige Staatsanlehen machen. Hierwegen 
gilt das oben in § 36 bezüglich der Kriegssteuern Bemerkte. 
b) Verwaltung der Staatsschuld. 
Schulden zu Lasten des Staates können überhaupt nur durch die unter den beson- 
deren Schutz der Verfassung gestellte Amortisations= (Staatsschulden-Tilgungs-)Kasse und, 
soweit es sich um Beschaffung der für den Eisenbahnbau nöthigen Kapitalien handelt, die 
unter dem gleichen Schutze stehende und von Beamten der Amortisationskasse verwaltete 
Eisenbahnschuldentilgungskasse gemacht werden. Das Nähere über diese Kasse s. u. 
I) Es darf keine Domäne (s. 9 24) ohne Zustimmung der Stände veräußert werden. 
Ausgenommen sind Ablösungen von Lehen, Erbbeständen, Gülten, Zinsen, Frohndiensten, 
Verkäufe von entbehrlichen Gebäuden, von Gütern und Gefällen, die in benachbarten Staaten 
gelegen sind, und alle Beräußerungen, die aus staatswirthschaftlichen Rücksichten zur Be- 
förderung der Landeskultur oder zur Aufhebung einer nachtheiligen eigenen Verwaltung 
geschehen. Der Erlös muß aber zu neuen Erwerbungen verwendet oder der Schulden- 
tilgungskasse zur Verzinsung übergeben werden. 
Ausgenommen sind auch Täusche und Veräußerungen zum Zweck der Beendigung 
eines, über Eigenthums= oder Dienstbarkeitsverhältnisse anhängigen, Rechtsstreits; ferner 
die Wiedervergebung heimgefallener Thron-, Ritter= und Kammerlehen während der Zeit 
der Regierung des Regenten, dem sie selbst heimgefallen sind "). 
Aus diesem Grunde ist auch der landständische Ausschuß bei der Prüfung der Rech- 
nungen des Domänengrundstocks und des Staatsgrundstocks betheiligt, s. u. 
1) V.u. 8 57. 
3 V. U. § 57; Ges. über die Amortif. Kasse, Art. 12, 16. 
3) V. U. § 58. 
Handbuch des Oeffentlichen Rechts III. 2. Aufl. Baden. 5
	        
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